Auf Seite 199 wird Caesar eingeführt und zwar so:
"Ich sollte vielleicht erwähnen, dass einer von ihnen Julius Caesar war, der sich zum ersten Mal um einen Sitz im Senat bewarb und in diesem Moment mit Cicero plauderte. Beide Männer kannten sich schon lange, und Caesar, der sechs Jahre jünger als Cicero war, hatte auf dessen Empfehlung hin bei Apollonius Molon auf Rhodos Rhetorik studiert. Inzwischen verklären Caesars früher Jahre ja alle möglichen Legenden. Das geht soweit, dass man glauben könnte, seine Zeitgenossen hätten schon im Säugling, in der Wiege, dass Genie erkannt. Was aber nicht der Wahrheit entspricht. Wer ihn an jenme Morgen in seiner weißen Toga sah, wie er nervös an seinem schütterem Haar zupfte, der hätte sich schwer getan, in ihm etwas anderes zu sehen als als in jedem anderen, der gebildeten, jüngeren Kandidaten. Einen großen Unterschied gab es aller/dings: Wahrscheinlich waren nur wenige so arm wie er. Um zur Wahl antreten zu können, hatte er sich bestimmt hoch verschulden müssen, denn er lebte in sehr bescheidenen Verhältnissen in Subura, in einem Frauenhaushalt, zusammen mit Mutter, Frau und Tochter. Den Cäsar von damals stelle ich mir nicht als strahlenden Helden vor, der nur darauf wartet, Rom zu erobern. Eher als einen dreißigjährigen Mann, der vor lauter Straßenlärm in seinem Armenviertel nachts keinen Schlaf findet, und bitteren Gedanken darüber nachhängt, warum er, Sproß, der ältesten Familie Roms, in solchen Verhältnissen dahinvegetieren muss. Deshalb war seine Abneigung gegen die Aristokraten für diese weit gefährlicher, als es die von Cicero jemals war. Cicero war ein Mann, der es aus eigener Kraft geschafft hatte, deshalb ärgerte er sich über die Aristokraten und beneidete sie gleichzeitig. Caesar jedoch, der sich als direkten Nachfahren der Venus sah, betrachtete sie mit Abscheu, er hielt sie für Eindringlinge.
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