Auf Lesbos liegt eine Stadt, Mitylene, groß und schön. Kanäle durchschneiden sie, in welche das Meer einströmt, überspannt durch schmucke Brücken von weißem und geglättetem Gestein. Du wirst glauben, nicht eine Stadt, sondern eine Gruppe von Eilanden zu sehen. Von dieser Stadt Mitylene also etwa zweihundert Stadien entfernt lag das Gut eines reichen Mannes, ein herrlicher Besitz; wildnährende Berge, saatschwere Felder, Hügel mit Reben, Weiden mit Herden bedeckt, und die Meerflut spülte an den weißen Sand der langgestreckten Küste an. Auf dieser Flur seine Herde weidend, fand ein Ziegenhirt, Lamon genannt, ein Knäblein von einer Ziege genährt. [...]
Zuerst nun gedachte der Hirt, die Erkennungszeichen allein wegzutragen, ohne das Kind zu kümmern; dann aber Scham über ihn, daß er nicht einmal so viel Menschlichkeit zeigen sollte als eine Ziege, und er wartete die Nacht brachte alles zu seinem Weibe Myrtale, die Erkennungszeichen, das Knäblein und die Ziege selbst. Als diese nun staunte, daß Ziegen auch Kinder zur Welt brächten, erzählte er ihr alles, wie wie er es ausgesetzt gefunden, wie er es genährt gesehen, wie er sich geschämt habe, es dem Tode zur Beute zu lassen. Da gab sie nun auch ihre Zustimmung; sie verbergen, was sich bei ihm gefunden hatte, nennen das Kind das ihrige und überlassen der Ziege seine Ernährung. Damit aber auch der Name des Knäbleins hirtenmäßig schiene, beschlossen sie, es Daphnis zu nennen. Schon waren zwei Jahre verflossen, als ein auf der angrenzenden Flur weidender Schäfer, Dryas genannt, ebenfalls zu einem gleichen Fund und Anblick kam. [...]
[In der Nähe seiner Wohnstätte war eine Grotte, die Nymphen geweiht war.]
Zu diesem Heiligtum begab sich häufig ein Schaf, das kürzlich geworfen hatte, und oft meinte man, daß es verloren sei. Um es zu züchtigen und zur früheren Ordnung zurückzubringen, bog Dryas eine grüne Weide wie eine Schlinge zusammen und begab sich zu dem Felsen hin, wo er es zu fangen meinte; als er aber hinzutrat, sah er nicht, was er zu sehen gehofft hatte, sondern das Schaf, das recht nach menschlicher Weise sein Euter darbot zum reichlichen Genusse der Milch, und das Kind, das lautlos und begierig bald die eine, bald die andere Zitze mit dem reinen, blühenden Munde faßte, denn das Schaf leckte mit liebreicher Zunge des Kindes Angesicht, wenn es der Nahrung genug hatte. Das Kind war weiblichen Geschlechts, und auch ihm waren Erkennungszeichen beigegeben, eine golddurchwirkte Mitra, übergoldete Schuhe und goldne Beinspangen. In diesem Funde glaubte der Hirt etwas Göttliches zu erkennen, und von dem Schafe gelehrt, Mitleiden gegen das Kind und Liebe zu fühlen, nimmt er das Mägdlein auf den Arm, verwahrt die Erkennungszeichen in der Hirtentasche und betet zu den Nymphen um Segen für die Erziehung ihres Schützlings. [...]
Diese Kinder wuchsen nun schnell und kräftig heran, und es gab sich eine Schönheit an ihnen kund, die ihren bäuerlichen Stand weit übertraf. Schon hatte der Knabe fünfzehn Jahre, das Mägdlein zwei weniger, als Dryas und Lamon in einer Nacht folgenden Traum sahen. [...]
Es schien ihnen, jene Nymphen der Grotte, wo die Quelle sprudelte und Dryas das Mädchen gefunden hatte, übergäben den Daphnis und Chloe einem raschen und schönen Knaben, welcher Flügel an den Schultern hatte und kleine Pfeile und einen kleinen Bogen führte; dieser Knabe berühre beide mit einem Pfeil und geböte ihnen, von nun an auf die Weide zu treiben, Daphnis die Ziegen, Chloe die Schafe. Diesen Traum sahen die Hirten, und es betrübte sie, daß auch diese Kinder Ziegen- und Schafhirten werden sollten, denen die mitgegebenen Erkennungszeichen ein besseres Los verhießen, weshalb sie auch mit zarterer Kost genährt und im Lesen unterwiesen wurden, und was sonst auf dem Lande als etwas Besonderes galt. Doch meinten sie an den Schützlingen der Götter das Gebot der Götter vollziehen zu müssen.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pedro_Weing%C3%A4rtner_-_Daphnis_e_Clo%C3%A9.jpg
Es schien ihnen, jene Nymphen der Grotte, wo die Quelle sprudelte und Dryas das Mädchen gefunden hatte, übergäben den Daphnis und Chloe einem raschen und schönen Knaben, welcher Flügel an den Schultern hatte und kleine Pfeile und einen kleinen Bogen führte; dieser Knabe berühre beide mit einem Pfeil und geböte ihnen, von nun an auf die Weide zu treiben, Daphnis die Ziegen, Chloe die Schafe. Diesen Traum sahen die Hirten, und es betrübte sie, daß auch diese Kinder Ziegen- und Schafhirten werden sollten, denen die mitgegebenen Erkennungszeichen ein besseres Los verhießen, weshalb sie auch mit zarterer Kost genährt und im Lesen unterwiesen wurden, und was sonst auf dem Lande als etwas Besonderes galt. Doch meinten sie an den Schützlingen der Götter das Gebot der Götter vollziehen zu müssen. [...]https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pedro_Weing%C3%A4rtner_-_Daphnis_e_Clo%C3%A9.jpg
Sie aber übernahmen die Herden so freudig wie eine große Herrschaft und liebten die Ziegen und die Schafe mehr, als der Hirten Gebrauch ist; sie, weil sie den Schafen ihre Erhaltung verdankte, er, weil er nicht vergaß, daß ihn als ausgesetztes Kind eine Ziege genährt hatte. [...]
[Einmal stürzte Daphnis in eine Falle, die die Hirten für wilde Tiere gebaut hatten. Er verletzte sich und war über und über mit Erde bedeckt, als er aus dem Erdloch herausgezogen wurde. Chloe kümmerte sich um ihn.]
[Einmal stürzte Daphnis in eine Falle, die die Hirten für wilde Tiere gebaut hatten. Er verletzte sich und war über und über mit Erde bedeckt, als er aus dem Erdloch herausgezogen wurde. Chloe kümmerte sich um ihn.]
Sie beredete ihn aber auch wiederum zu baden und sah ihm beim Baden zu und berührte ihn, indem sie ihn ansah, und als sie wieder fortging, lobte sie seine Schönheit, und dieses Lob war der Liebe Anfang. Was ihr aber widerfuhr, wußte sie nicht, denn sie war jung und in ländlicher Unwissenheit aufgewachsen, und nicht einmal von andern hatte sie den Namen der Liebe gehört.
Mißmut beherrschte ihre Seele; der Augen war sie nicht Herr und oft sprach sie von Daphnis. Nahrung verabsäumte sie, bei Nacht wachte sie, die Herde verachtete sie, bald lachte, bald weinte sie, bald schlief sie, bald sprang sie auf, ihr Angesicht ward blaß und wiederum von Erröten glühend. Kein Rind, von der Bremse gestochen, hat solche Not. Einmal kam ihr auch, als sie allein war, folgende Rede in den Sinn: »Ich bin jetzt krank; was aber meine Krankheit ist, weiß ich nicht. Ich fühle Schmerzen und habe doch keine Wunde; ich bin traurig, und doch ist mir keines meiner Schafe verlorengegangen. Ich glühe, und sitze doch in so dichtem Schatten. Wie viele Dornen haben mich oft verwundet, und ich habe nicht geweint; wie viele Bienen haben mich ihren Stachel fühlen lassen, und doch hab' ich Nahrung genossen! Das also, was mir das Herz sticht, ist bitterer als alles das.
Daphnis ist schön, auch die Blumen sind es; schön tönt seine Syrinx; aber auch die Stimme der Nachtigallen: dennoch frag' ich nach jenen nichts. Möchte ich doch seine Syrinx sein, damit ich seinen Hauch aufnähme! Möchte ich eine Ziege sein, um von ihm geweidet zu werden! O schlimmes Wasser! nur ihn hast du schön gemacht; ich aber habe mich umsonst gebadet. Ich sterbe, geliebte Nymphen, und auch ihr rettet die Jungfrau nicht, die bei euch genährt worden ist. Wer wird euch kränzen, wenn ich nicht mehr bin? Wer wird die unglücklichen Lämmer füttern? Wer wird die plaudernde Grille pflegen, die ich mit so vieler Mühe gefangen habe, daß sie mich zirpend bei der Grotte einsinge? Jetzt aber flieht mich der Schlaf um Daphnis willen, und sie plaudert umsonst.«
Solcher Art war ihr Zustand, solcher Art ihre Reden, indem sie den Namen der Liebe suchte. Dorkon aber, der Rinderhirt, der den Daphnis und den Bock aus der Grube gezogen hatte, ein Jüngling mit Flaum um das Kinn, der die Werke der Liebe und auch ihren Namen kannte, hatte sogleich von jenem Tag an Liebe für Chloe gefühlt; nach mehreren Tagen aber entbrannte er noch mehr, und da er den Daphnis als einen Knaben gering schätzte, beschloß er, durch Gaben oder durch Gewalt zu seinem Ziele zu gelangen. [...]
Mißmut beherrschte ihre Seele; der Augen war sie nicht Herr und oft sprach sie von Daphnis. Nahrung verabsäumte sie, bei Nacht wachte sie, die Herde verachtete sie, bald lachte, bald weinte sie, bald schlief sie, bald sprang sie auf, ihr Angesicht ward blaß und wiederum von Erröten glühend. Kein Rind, von der Bremse gestochen, hat solche Not. Einmal kam ihr auch, als sie allein war, folgende Rede in den Sinn: »Ich bin jetzt krank; was aber meine Krankheit ist, weiß ich nicht. Ich fühle Schmerzen und habe doch keine Wunde; ich bin traurig, und doch ist mir keines meiner Schafe verlorengegangen. Ich glühe, und sitze doch in so dichtem Schatten. Wie viele Dornen haben mich oft verwundet, und ich habe nicht geweint; wie viele Bienen haben mich ihren Stachel fühlen lassen, und doch hab' ich Nahrung genossen! Das also, was mir das Herz sticht, ist bitterer als alles das.
Daphnis ist schön, auch die Blumen sind es; schön tönt seine Syrinx; aber auch die Stimme der Nachtigallen: dennoch frag' ich nach jenen nichts. Möchte ich doch seine Syrinx sein, damit ich seinen Hauch aufnähme! Möchte ich eine Ziege sein, um von ihm geweidet zu werden! O schlimmes Wasser! nur ihn hast du schön gemacht; ich aber habe mich umsonst gebadet. Ich sterbe, geliebte Nymphen, und auch ihr rettet die Jungfrau nicht, die bei euch genährt worden ist. Wer wird euch kränzen, wenn ich nicht mehr bin? Wer wird die unglücklichen Lämmer füttern? Wer wird die plaudernde Grille pflegen, die ich mit so vieler Mühe gefangen habe, daß sie mich zirpend bei der Grotte einsinge? Jetzt aber flieht mich der Schlaf um Daphnis willen, und sie plaudert umsonst.«
Solcher Art war ihr Zustand, solcher Art ihre Reden, indem sie den Namen der Liebe suchte. Dorkon aber, der Rinderhirt, der den Daphnis und den Bock aus der Grube gezogen hatte, ein Jüngling mit Flaum um das Kinn, der die Werke der Liebe und auch ihren Namen kannte, hatte sogleich von jenem Tag an Liebe für Chloe gefühlt; nach mehreren Tagen aber entbrannte er noch mehr, und da er den Daphnis als einen Knaben gering schätzte, beschloß er, durch Gaben oder durch Gewalt zu seinem Ziele zu gelangen. [...]
Jetzt zögerte Chloe nicht mehr, sondern erfreut durch das Lob und schon längst voll Verlangens, den Daphnis zu küssen, sprang sie auf und gab ihm einen Kuß, ungelehrt zwar und kunstlos, aber die Seele zu entflammen ganz geeignet. Dorkon aber eilte betrübt von dannen und suchte einen anderen Weg der Liebe, und Daphnis, als ob er nicht geküßt, sondern verwundet worden, ward alsbald schwermütig; er schauerte oft zusammen; das Herz klopfte ihm ungestüm, er sehnte sich Chloe zu sehen, und wenn er sie sah, bedeckte Röte sein Angesicht. [...]
Nur in dieser einen Nacht genossen sie tiefen Schlaf, und die Ermüdung der Arbeit linderte ihre Liebeskrankheit. Als aber der Tag wieder anbrach, kehrte der vorige Zustand zurück. Sie freuten sich, wenn sie einander sahen, trauerten, wenn sie getrennt waren, litten Schmerzen, wünschten etwas und wußten nicht, was sie wünschten. Nur das wußten sie, daß ihn der Kuß, sie das Bad um die Ruhe gebracht hatte. [...]
Schon war der Herbst in voller Kraft, und die Weinlese nahte mit starken Schritten, und alles war auf den Feldern in Arbeit. [...]
Auch Daphnis und Chloe, unbekümmert um die Schafe und Ziegen, boten sich gegenseitig hilfreich die Hände. Er trug in Körben die Trauben zu, zertrat sie in den Kufen und schaffte den Wein in die Fässer; sie aber bereitete den Winzern die Kost und schenkte ihnen älteren Wein zum Tranke aus und las die Trauben von den niedrigem Stöcken ab. Denn aller Wein auf Lesbos wächst niedrig, nicht hoch hinauf, noch an Bäumen gezogen; sondern die Reben in der Tiefe ausbreitend schleicht er wie der Efeu fort; auch ein Kind könnte die Traube erreichen, wenn ihm eben die Hände aus den Windeln gelöst sind. [...]
[Daphnis und Chloe feierten das Bacchusfest der Hirten mit] [...] und sie hüpften, flöteten und sangen und balgten sich mit den Böcken und Schafen. Bei solcher Kurzweil trat ein Greis zu ihnen, mit einem Ziegenfell bekleidet, Sohlen von rohem Leder an den Füßen und einen Ranzen übergehängt, einen alten Ranzen. Dieser setzte sich nahe zu ihnen und sprach also: »Ich bin der alte Philetas, ihr Kinder. Viel hab' ich zu diesen Nymphen gesungen; viel auch jenem Pan geflötet und große Herden von Rindern nur durch Musik geführt. Jetzt bin ich zu euch gekommen, euch zu sagen, was ich gesehen und zu melden, was ich gehört habe, [...]
»Als ich nun heute um die Mittagszeit hineintrat, werd' ich unter den Granat- und Myrtenbüschen ein Kind gewahr, mit Myrten und Granatäpfeln in den Händen, weiß wie Milch und das goldene Haar dem Feuer ähnelnd und strahlend wie eben aus dem Bade kommend. Es war nackt; es war allein; es spielte, als ob es in seinem eigenen Garten Früchte sammle. Ich lief also hinzu, den Knaben zu fangen; [...] aber das war ein ganz listiges Wesen, das sich durchaus nicht fangen ließ. [...]
[Dies "Kind" erklärt ihm:] Aber es ist unmöglich, mich zu fangen, selbst für Falken und Adler, oder noch schnellere Vögel. Ich bin kein Kind, obschon ich ein Kind scheine, sondern älter als Kronos, ja als die ganze Zeit. [...]
Nach diesen Worten erhob er sich, wie das Junge der Nachtigall, auf die Myrtensträuche, und von Zweig zu Zweig schlüpft' er durch das Laub bis zum Wipfel empor. Da sah ich auch Flügel auf seinen Schultern, und einen Bogen zwischen den Flügeln und den Schultern; bald aber sah ich weder dies, noch ihn selbst mehr. Wenn ich aber nicht umsonst diese grauen Haare trage und vor Alter kindisch geworden bin, so seid ihr Kinder dem Eros geweiht, und Eros trägt für euch Sorge.« Mit großem Ergötzen hörten sie zu, als ob sie ein Märchen, nicht eine wahre Geschichte hörten, und fragten, was denn nur der Eros sei, ob ein Knabe, oder ein Vogel, und was er vermöge? Da erwiderte Philetas: »Ein Gott, ihr Kinder, ist Eros, jung und schön und beschwingt. Deshalb freut er sich auch der Jugend und jagt der Schönheit nach und beflügelt die Seelen. Er vermag aber mehr als Zeus selbst. Er herrscht über die Elemente; er herrscht über die Gestirne; er herrscht über die ihm ähnlichen Götter, mächtiger als ihr über die Ziegen und Schafe. Die Blumen alle sind Eros' Werk; diese Pflanzen hier sind seine Gebilde. Durch ihn ergießen sich die Flüsse, und die Winde wehen durch ihn. Ich sah den Stier, wenn er liebte; und wie von der Bremse gestochen brüllte er; auch den Bock, der die Ziege liebte: und er folgte ihr überall. Ich selbst war jung und liebte die Amaryllis; da gedacht' ich der Nahrung nicht, und nahm keinen Trunk zu mir und genoß keinen Schlaf. Meine Seele krankte, mein Herz klopfte, mein Leib schauerte. Ich schrie, als ob ich geschlagen würde; ich war stumm, als ob ich gestorben wäre; [...]
Denn gegen den Eros hilft kein Mittel: keine Speise, kein Trank und kein Zaubergesang, – keines als Kuß und Umarmung und Zusammenliegen mit nackten Leibern.« [...]
Denn gegen den Eros hilft kein Mittel: keine Speise, kein Trank und kein Zaubergesang, – keines als Kuß und Umarmung und Zusammenliegen mit nackten Leibern.« [...]
[Daphnis und Chloe entschließen sich, das empfohlene Mittel gegen die Krankheit zu versuchen und sagen zu einander:] So müssen wir also die Mittel suchen, die er nannte, den Kuß, die Umarmung und unbekleidet zusammenzuliegen. Zwar wird es schon kalt; aber wir werden das so gut wie Philetas aushalten.« So wurde die Nacht für sie zur Schule. Und als sie am folgenden Morgen mit den Herden auf den Weideplatz kamen und sich ansichtig wurden, küßten sie einander und umfaßten sich, was sie nie vorher getan hatten, mit verschlungenen Armen; das dritte Mittel aber, das entkleidet Zusammenliegen, wußten sie nicht anzuwenden, denn es war zu dreist, nicht bloß für Jungfrauen, sondern auch für junge Ziegenhirten. Und die Nacht kam wieder, und Schlaflosigkeit mit ihr, und Sinnen über das Geschehene und Unmut über das Unterlassene. »Wir haben einander geküßt: und es hat nichts geholfen; wir haben uns umarmt: und auch ohne Nutzen. Zusammenzuliegen ist also das einzige Mittel gegen die Liebe; auch dieses muß versucht werden. Sicher wohnt ihm eine größere Kraft inne als dem Kusse.« [...]
Die Küsse erfolgten; das Umfangen mit den Armen kam nachher, das dritte Mittel aber zögerte. Denn weder Daphnis wagte es, zu nennen, noch wollte Chloe den Anfang machen, bis sie durch Zufall auch dieses taten. Sie saßen unter dem Stamme einer Eiche nah zusammen, und da sie einmal die Wonne der Küsse gekostet hatten, schwelgten sie unersättlich in Lust. Auch der Arme Umschlingung übten sie, wodurch Mund fester an Mund gepreßt wurde. [...]
[Aber weiter gehen sie nicht. Dann werden sie wiederholt überfallen. Daphnis wird einmal verschleppt, kommt aber wieder frei. Dann kommt es zu einem weiteren Überfall.] Chloe aber war bei den Herden, und da sie verfolgt wurde, floh sie zu den Nymphen und bat die Verfolgenden, ihre Herde zu schonen und sie selbst, um der Göttinnen willen. Umsonst. Die Methymnäer verhöhnten die Bilder mit vielem Spott und trieben die Herden weg und zogen auch Chloe fort, wie eine Ziege oder ein Schaf und schlugen mit Ruten auf sie ein. Als sie nun die Schiffe mit mannigfachem Raube angefüllt hatten, beschlossen sie, nicht weiterzusegeln, sondern nahmen den Weg nach Hause, indem sie Winterstürme und Feinde fürchteten. Sie fuhren also unter mühsamster Ruderarbeit von dannen, denn es regte sich kein Wind; Daphnis aber kehrte, als es ruhig geworden, auf die Ebene nach dem Weideplatz zurück; und da er hier weder die Ziegen sah, noch die Schafe antraf, noch Chloe fand, sondern überall die tiefste Einsamkeit, und auch die Syrinx, Chloes gewohnte Freude, auf die Erde geworfen, lief er mit lautem Geschrei und kläglichem Jammer erst zu der Eiche, wo sie zu sitzen pflegten, dann zum Meere in der Hoffnung, sie hier zu sehen; dann zu den Nymphen, zu denen sie geflohen war. [...] [Nachts hat er einen Traum, in dem ihm gesagt wird:] Am morgenden Tage wird Chloe dir zurückkehren mit den Ziegen und mit den Schafen, und ihr werdet zusammen weiden und zusammen flöten; für das übrige wird Eros bei euch sorgen.« Als nun Daphnis solches gesehen und vernommen hatte, sprang er auf aus dem Schlafe, und weinend vor Lust und Kummer, kniete er vor den Bildern der Nymphen nieder und gelobte, wenn Chloe gerettet wäre, die beste seiner Ziegen zu opfern.
(Longos: Daphnis und Chloe Buch 1 und Buch 2) Fortsetzung hier
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[Aber weiter gehen sie nicht. Dann werden sie wiederholt überfallen. Daphnis wird einmal verschleppt, kommt aber wieder frei. Dann kommt es zu einem weiteren Überfall.] Chloe aber war bei den Herden, und da sie verfolgt wurde, floh sie zu den Nymphen und bat die Verfolgenden, ihre Herde zu schonen und sie selbst, um der Göttinnen willen. Umsonst. Die Methymnäer verhöhnten die Bilder mit vielem Spott und trieben die Herden weg und zogen auch Chloe fort, wie eine Ziege oder ein Schaf und schlugen mit Ruten auf sie ein. Als sie nun die Schiffe mit mannigfachem Raube angefüllt hatten, beschlossen sie, nicht weiterzusegeln, sondern nahmen den Weg nach Hause, indem sie Winterstürme und Feinde fürchteten. Sie fuhren also unter mühsamster Ruderarbeit von dannen, denn es regte sich kein Wind; Daphnis aber kehrte, als es ruhig geworden, auf die Ebene nach dem Weideplatz zurück; und da er hier weder die Ziegen sah, noch die Schafe antraf, noch Chloe fand, sondern überall die tiefste Einsamkeit, und auch die Syrinx, Chloes gewohnte Freude, auf die Erde geworfen, lief er mit lautem Geschrei und kläglichem Jammer erst zu der Eiche, wo sie zu sitzen pflegten, dann zum Meere in der Hoffnung, sie hier zu sehen; dann zu den Nymphen, zu denen sie geflohen war. [...] [Nachts hat er einen Traum, in dem ihm gesagt wird:] Am morgenden Tage wird Chloe dir zurückkehren mit den Ziegen und mit den Schafen, und ihr werdet zusammen weiden und zusammen flöten; für das übrige wird Eros bei euch sorgen.« Als nun Daphnis solches gesehen und vernommen hatte, sprang er auf aus dem Schlafe, und weinend vor Lust und Kummer, kniete er vor den Bildern der Nymphen nieder und gelobte, wenn Chloe gerettet wäre, die beste seiner Ziegen zu opfern.
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