8. Buch/Gesang (Übersicht)
Motto
Fare thee well, and if for ever,
Still for ever fare thee well.
Byron
1
Als ich in froher Schulzeit Tagen
Noch im Lyzeumsgarten saß
Und Apulejus mit Behagen,
Doch Cicero nur ungern las,
Damals im Lenz – die Knospen sprangen,
Die Wasser rauschten, Schwäne sangen –
Erschien im goldnen Frühlingsstrahl
Die Muse mir zum erstenmal.
Da füllte sich mit Himmelssonne
Mein enges Stübchen: freudig-hell
Erschloß sich mir der Dichtung Quell,
Ich sang von meiner Kindheit Wonne,
Von Kampf und Sieg der Väterzeit
Und meines Herzens erstem Leid.
2.
Der Beifall kam mir froh entgegen,
Mich hob der jung erstrittne Preis:
Derschawin gab mir seinen Segen,
Der grabesmüde Dichtergreis. [...]
3.
Allein ich frönte heißbegehrend
Nur zaumlos wilder Leidenschaft
Und tollte, Geist und Herz entehrend,
Mit meiner Muse lasterhaft,
Bei Trinkgelagen, wüsten Feiern,
Nächtlichen Straßenabenteuern:
Und dort im Rausch verstreute sie
Die Gaben, die einst Gott ihr lieh,
Sang lüstern vor den Zechgenossen
Und führte sich bacchantisch auf,
Und unsre Jugend zog zuhauf
Ihr lärmend nach durch alle Gassen ...
Wobei ich Frechling selber gar
Noch stolz auf ihren Leichtsinn war!
4.
Dann trieb das Schicksal hart und feindlich
Mich weit hinweg ... Sie blieb mir treu:
Wie oftmals hat sie sanft und freundlich
In meiner Irrfahrt Ödenei
Durch Trost im Liede mich erhoben,
Mit mir im Kaukasus da droben,
Lenoren gleich, in Vollmondnacht
Zu Roß den wilden Ritt gemacht!
Wie oft mich, wenn des Pontus Rauschen
An Tauris' Strande nächtlich schwoll,
Zum Meer geführt, um andachtsvoll
Der Nereiden Sang zu lauschen,
Der Wogen ew'gem Donnerton,
Dem Hymnus vor des Schöpfers Thron!
5.
Und ferne von der Hauptstadt Freuden,
Entrückt dem Strom der großen Welt,
Gewöhnte sie auf dürren Heiden
Der Moldau im Zigeunerzelt
Sich an nomadisch rauhes Leben,
Vergaß, von niedrem Volk umgeben,
Der Göttersprache hehren Laut
Und schwärmte, fremder Art vertraut,[425]
Für feurig-wilde Steppenweisen ...
Dann riß ein Wirbel jäh mich um –
Worauf ich sie bedrückt und stumm
Als Fräulein aus Landadelskreisen
In meinem Garten auf dem Land
Französisch lesend wiederfand.
6.
Heut stell' ich sie zum ersten Male
Auf einem Rout dem Adel vor
Und weide mich im vollen Saale
An ihrem frischen Jugendflor.
Sie schlüpft behend durch Diplomaten,
Vornehme Fraun, Aristokraten
Und elegantes Militär,
Nimmt sittsam Platz und schaut umher,
Entzückt vom Toilettenreigen,
Dem Stimmgewirr, dem edlen Prunk,
Dem Takt, mit welchem alt und jung
Sich grüßend vor der Hausfrau neigen,
Und all den Schönen, Stern an Stern,
Umrahmt von schwarzbefrackten Herrn.
[...]
"Die Jahre vergehen. Onegin – inzwischen 26 Jahre alt, immer noch gelangweilt und der Gesellschaft überdrüssig, gelangweilt auch von seinem unruhigen Reiseleben, ein Müßiggänger ohne irgendein Ziel im Leben – kehrt nach St. Petersburg zurück."(Wikipedia)
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