Über seinen Plan, US-Senator zu werden, schreibt er zunächst, was der Vorteil war, nicht gewählt zu werden:
Auch bewahrte ich mir meine Unabhängigkeit, meinen guten Namen und meine Ehe, drei Dinge, die statistisch gesehen gefährdet waren, sobald ich den Fuß in die Landeshauptstadt setzte.(S.11)
Bevor er berichtet, was alles einen US-Senator daran hindert, die Politik zu verfolgen, die er nach seiner Überzeugung vertreten will, beginnt er mit einem eigentümlichen Statement:
Ich verstehe Politik als eine Kontaktsportart, bei der man Ellenbogenstöße und auch mal einen unverhofften Schlag wegstecken muss.(S.29)
Und er fährt fort, dass er
in Springfield an der Idee festhielt, dass Politik anders sein kann und die Wähler sie anders wollen; dass sie die Tatsachenverdrehungen, die Beschimpfungen und die Patentlösungen für komplizierte Probleme satthatten; dass ihr intuitives Gefühl für Fairness und ihr gesunder Menschenverstand sich durchsetzen würden, wenn ich es nur schaffte, sie direkt anzusprechen, ihnen die Probleme zu erklären, wie ich sie sah, und ihnen die möglichen Alternativen ehrlich vor Augen zu führen. Wenn genug Politiker dieses Risiko eingehen würden, könnte sich meiner Ansicht nach nicht nur das politische Klima in den Vereinigten Staaten, sondern auch die Politik selbst verbessern.(S.29)
Seine Sicht als US-Senator ist eine ganz andere. Er zeigt diese Spitzenpolitiker nämlich als von einer ganz starken Emotion getrieben: der Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Und er macht klar, dass er diese Angst auch kennt.
Als er dann dazu kommt, seinen großen Widersacher, den Zerstörer des demokratischen Systems in den USA zu schildern, charakterisiert er ihn als liebenswürdig, offen und schlau (S.65). Und das, nachdem all die Peinlichkeiten von Bushs Unfähigkeit, selbständig zu formulieren, seit Jahren wieder und wieder im Fernsehen vorgeführt worden sind und schon fünf Jahre lang ein Bush Dyslexikon auf dem Markt ist, das diese Unfähigkeit auf über 300 Seiten dokumentiert von Vertrauenswürdigkeit bedeutet, nicht das zu tun, was man vorher angekündigt hat über die Exekutive hat die Aufgabe das Gesetz auszulegen bis zu They misunderestimated me (Sie missunterschätzten mich). (S.17 und Titelseite)
Freilich macht er klar, dass er ein "beharrlicher und gelegentlich scharfer Kritiker der Regierung Bush" ist (S.68). Doch dann aber fährt er fort:
Angesichts meiner Haltung sind demokratische Zuhörer of überrascht, wenn ich sage, dass ich George Bush nicht für einen schlechten Menschen halte und annehme, dass er und seine Regierungsmannschaft tun, was ihrer Ansicht nach das Beste für das Land ist. [...] Gleichgültig, wie verbohrt mir ihre Politik auch vorkommen mag [...], halte ich es immer noch für möglich, die Motive dieser Männer und Frauen zu verstehen, wenn ich mit ihnen rede, und in ihren Motiven Werte zu erkennen, die wir teilen. (S.68/69)Aus diesen Worten wird deutlich, dass er in einem Sinne weit stärker von Bush abweicht als die meisten anderen Kritiker Bushs; denn er zielt darauf ab, das Land wieder zu versöhnen, statt es wie Bush durch seinen rechthaberischen Kurs zu spalten. Deshalb betont er, dass er in Bushs "Motiven Werte erkenne, die wir teilen", und das ist auch der Grund, weshalb die deutsche Ausgabe dieses Buches den Untertitel "Gedanken zur Rückbesinnung auf den American Dream" trägt.
Während Obama in Dreams from my Father (im deutschen Titel "Ein amerikanischer Traum" schon den American Dream aufnehmend) noch seinen persönlichen Lebensweg beschrieb, der ihm seine afrikanischen Wurzeln immer bewusster machte und der ihm den Einsatz für den Kampf um Chancengleichheit für die Schwarzen in Amerika nahelegte, wird in Audacity of Hope seine nationale Zielsetzung der Überwindung der Spaltungen durch Ethnien und parteipolitische Zuordnungen deutlich. Dabei knüpft er bewusst an die Werte der Gründungsväter an, freilich versucht er, nicht einen neuen Schmelztiegel zu schaffen, sondern vertritt die Möglichkeit der Integration aufgrund der gemeinsamen Werte und Interessen.
Den Titel seines Buches Audacity of Hope hat er aus seiner Parteitagsrede von 2004 (als er für John Kerry sprach) übernommen. Schon damals nahm er auch den American Dream auf, z.B. mit der Formulierung this country will reclaim its promise.
(Und dies "promise" greift er auf im Titel seines Buchs über seine Präsidentschaft: "A Promised Land".)
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