Fünfzehntes Kapitel
Mein Vater war Jäger, hatte selbst eine Jagd gepachtet und wurde vielfach, so auch von der fürstlich-plessischen Jägerei, zu Jagden geladen. Seine Heldentaten, die ich ihn selbst nicht erzählen hörte, belebten immer aufs neue den Familienstolz. [...]
Mein Vater war Jäger, hatte selbst eine Jagd gepachtet und wurde vielfach, so auch von der fürstlich-plessischen Jägerei, zu Jagden geladen. Seine Heldentaten, die ich ihn selbst nicht erzählen hörte, belebten immer aufs neue den Familienstolz. [...]
Ein Rätsel ist mir bis heut meines Vaters pädagogische Fähigkeit. Hätte er sie mir regelmäßig und dauernd zugewendet, die Anfangsgründe meiner Bildung wären solider ausgefallen. So lehrte er mich zum Beispiel durch eine kurze, einleuchtende Erörterung die Zeit von der Uhr ablesen, und so fort. Eines Tages war ich verzweifelt, weil ich als der Kleinste eine Schlittenpartie zu Onkel Adolf nach Görbersdorf wieder einmal nicht mitmachen sollte. Ich ließ mich empört über diese Zurücksetzung und überhaupt meine Lage als Jüngster aus. »Gerhart«, sagte mein Vater, »sei ruhig, wir wollen uns schon amüsieren auf unsere Art!« Worin bestand dieses Amüsement? Wir saßen ein Stündchen in der Vier, und am Ende eines Geplauders, das mir Aufmerksamkeit und Spannung abnötigte, sagte ich Schillers Ballade »Der Taucher« von Anfang bis Ende her und habe sie bis heut im Kopfe behalten. [...]
Groß war der Respekt, den mein Vater als Leiter des Gasthofs bei den Angestellten genoß, man darf sogar von der Furcht des Herrn reden, die überall von Kutscherstube zu Küche, von dort zu den Sälen und Zimmern vorhanden war. Hielt er seinen Nachmittagsschlaf, so trat eine Atempause ein. Aber alles war sogleich elektrisiert bei dem energischen Klingelzeichen aus seinem Zimmer, das sein Wiedererwachtsein ankündigte. Seine Reserviertheit war den meisten Hotelgästen unheimlich. In der Tat besaß er nichts von der so vielen Gasthofbesitzern eigenen liebenswürdig-unterwürfigen Wesenheit, sondern trat selbst den Salzbrunn besuchenden hohen Persönlichkeiten nicht anders als gleich und gleich gegenüber. [...]
Sechzehntes Kapitel
Doktor Straehler, ein Vetter meiner Mutter, dessen Vater also der Bruder meines Großvaters Straehler war, bewohnte im Grünen, nicht fern von uns, ein selbstgebautes hübsches Haus, das er seltsamerweise Zum Kometen genannt hatte. [...]
Doktor Straehler, ein Vetter meiner Mutter, dessen Vater also der Bruder meines Großvaters Straehler war, bewohnte im Grünen, nicht fern von uns, ein selbstgebautes hübsches Haus, das er seltsamerweise Zum Kometen genannt hatte. [...]
Ich könnte nicht sagen, wie es mit seinem ärztlichen Wissen beschaffen gewesen ist, aber er war ein schöner und eleganter Mann, der schönste vielleicht unter den Badeärzten. In seinem Hause herrschte, von meiner Tante Straehler ausgehend, eine beinah schemenhafte, kühle Gütigkeit. Die Natur meines Onkels war voll guter Laune und Lebenslust. Beides in seinen vier Wänden auszutoben, hatte er keine Gelegenheit, nicht weil es ihm seine Gattin verbot, sondern weil er es um ihretwillen sich selbst versagte. Anders war dies in unserm Kreise, wo Vater und Mutter seinen Humoren alles Verständnis entgegenbrachten und sich von ihnen belebt fühlten. Diesem Onkel, der wie mein Großvater mit dem Vornamen Hermann hieß, konnte man anmerken, daß er sich wohlfühlte. Man verzieh dem eleganten und schönen Mann, wenn er selbst in Gesellschaft von vornehmen Damen gelegentlich Schwarz schwarz, Weiß weiß und gewisse physiologische Funktionen mit lutherisch-deutschen Kernworten nannte. Mit einem liebenswürdigen Lachen der Unschuld wurden desfalls erteilte Rügen von ihm überhört. [...]
Siebzehntes Kapitel
Freuden, die uns mein Vater machen wollte, liebte er durch Überraschung zu steigern. Einst wurden mir – es war im beginnenden Herbst – allerlei neue Kleider, Schuhe, Mützen und dergleichen anprobiert. Mein Vater sagte, was meine Mutter lächelnd bestätigte, daß ein Knabe in Bremen, der ganz genau meine Figur habe, alle diese schönen Hosen, Westen, Jacken, Mützen und Schuhe bekommen solle. Sein Vater habe darum gebeten, weil der Zwerg, Meister Leo, der beste und billigste unter den Schneidern sei. Als meine Tätigkeit im Dienste des Bremer Kaufmannssöhnchens beendet war, holte man mich eines Tages aus der Schule. Man sagte mir heiter, daß alle die angeblich für den Bremer angefertigten Sachen mein wären und daß ich sogleich eine Badereise mit meinem Vater antreten würde. Das versetzte mich nach meiner angeborenen Art, als ich es ganz begriffen hatte, in einen kleinen Koller von Glückseligkeit. Die Reise fand dann auch wirklich statt. Ich durfte die Schule hinter mir lassen, was allein schon ein Glück bedeutete. Im übrigen wußte ich schon von der Reise nach Breslau, wie durchweg heiter und angenehm ein solches Unternehmen in der Gesellschaft des Vaters sein konnte. Er selber schien bei solchen Gelegenheiten ein anderer Mensch geworden zu sein. Wir fuhren bis nach der altertümlich-reizvollen Bergstadt Hirschberg auf der Eisenbahn und von dort nach dem Bade Warmbrunn am Fuße des Riesengebirges mit einem wackligen Omnibus, der damals noch Journalière genannt wurde. Mein Vater suchte eines rheumatischen Leidens wegen die heißen Quellen von Warmbrunn auf, und mir waren sie ebenfalls verordnet, obgleich mein Flechtenleiden nur manchmal noch aufflackerte. Drei Wochen war ich mit meinem Vater allein. Früh, nach dem gemeinsamen Bad, nahmen wir in der Villa Jungnitz, wo wir wohnten, das erste Frühstück ein, wobei ich nach Herzenslust in dick mit Butter bestrichene Hörnchen beißen durfte. Nachdem wir uns eine Weile ausgeruht, begannen wir unsere tägliche Wanderung. Ich bewies dabei Zähigkeit und Ausdauer, denn ich hatte mich ja dafür in den wilden Spielen mit meinen Straßenjungen hinreichend tauglich gemacht. Einigemal aber wurde doch das Ziel allzu weit gesteckt, so daß meine Kräfte, wenn nicht versagten, so doch Schonung verlangten. [...]
Freuden, die uns mein Vater machen wollte, liebte er durch Überraschung zu steigern. Einst wurden mir – es war im beginnenden Herbst – allerlei neue Kleider, Schuhe, Mützen und dergleichen anprobiert. Mein Vater sagte, was meine Mutter lächelnd bestätigte, daß ein Knabe in Bremen, der ganz genau meine Figur habe, alle diese schönen Hosen, Westen, Jacken, Mützen und Schuhe bekommen solle. Sein Vater habe darum gebeten, weil der Zwerg, Meister Leo, der beste und billigste unter den Schneidern sei. Als meine Tätigkeit im Dienste des Bremer Kaufmannssöhnchens beendet war, holte man mich eines Tages aus der Schule. Man sagte mir heiter, daß alle die angeblich für den Bremer angefertigten Sachen mein wären und daß ich sogleich eine Badereise mit meinem Vater antreten würde. Das versetzte mich nach meiner angeborenen Art, als ich es ganz begriffen hatte, in einen kleinen Koller von Glückseligkeit. Die Reise fand dann auch wirklich statt. Ich durfte die Schule hinter mir lassen, was allein schon ein Glück bedeutete. Im übrigen wußte ich schon von der Reise nach Breslau, wie durchweg heiter und angenehm ein solches Unternehmen in der Gesellschaft des Vaters sein konnte. Er selber schien bei solchen Gelegenheiten ein anderer Mensch geworden zu sein. Wir fuhren bis nach der altertümlich-reizvollen Bergstadt Hirschberg auf der Eisenbahn und von dort nach dem Bade Warmbrunn am Fuße des Riesengebirges mit einem wackligen Omnibus, der damals noch Journalière genannt wurde. Mein Vater suchte eines rheumatischen Leidens wegen die heißen Quellen von Warmbrunn auf, und mir waren sie ebenfalls verordnet, obgleich mein Flechtenleiden nur manchmal noch aufflackerte. Drei Wochen war ich mit meinem Vater allein. Früh, nach dem gemeinsamen Bad, nahmen wir in der Villa Jungnitz, wo wir wohnten, das erste Frühstück ein, wobei ich nach Herzenslust in dick mit Butter bestrichene Hörnchen beißen durfte. Nachdem wir uns eine Weile ausgeruht, begannen wir unsere tägliche Wanderung. Ich bewies dabei Zähigkeit und Ausdauer, denn ich hatte mich ja dafür in den wilden Spielen mit meinen Straßenjungen hinreichend tauglich gemacht. Einigemal aber wurde doch das Ziel allzu weit gesteckt, so daß meine Kräfte, wenn nicht versagten, so doch Schonung verlangten. [...]
Ein Bedürfnis nach irgendeiner andern Gesellschaft als der meinen hatte mein Vater nicht, ein Beweis, wie sehr ihn eine Sommersaison in Salzbrunn mit ihrer Verpflichtung, sich tausendfach im Umgang mit Menschen und wieder Menschen abzumüden, damit übersättigt hatte. [...]
Anna Jungnitz, die Tochter unsrer Wirte freilich, ein schönes, achtzehnjähriges Bürgermädchen, das seiner Hochzeit entgegensah, bildete eine erfreuliche Ausnahme. Ich fühlte, mein Vater huldigte ihr, und ich selber genoß das Glück ihrer Neigung, die sie mir, als einem Kinde, durch allerlei Zärtlichkeiten erweisen durfte. [...]
Die schöne Episode ging in ein wundervolles, aber ganz andersartiges, lautes Finale aus. Es wurde wiederum auf Grund der Liebhaberei meines Vaters durch eine Überraschung eingeleitet. Für mich eine Überrumpelung, und zwar eine, wie ich sie ähnlich wirkungsvoll in meinem Dasein nicht wieder erlebt habe. Die neuen, mächtigen Eindrücke aus dieser landschaftlich die Salzbrunner Gegend weit überbietenden Natur, verbunden bei immer köstlichem Wetter mit einem stillen, mich liebevoll umhegenden heiteren Sein, hatten mich Salzbrunn beinahe vergessen lassen. Wäre es damals wirklich versunken, es hätte nicht können versunkener sein. Ich weiß nicht, wann ich die Mutter, meine Geschwister, mein Wildlingsleben, den Gasthof zur Preußischen Krone und was noch sonst – und ob ich das alles überhaupt je vermißt hätte. In einem Sinne war es versunken, in einem andern ferngerückt; denn Eisenbahnfahrt über eine lange Kette von Stationen, endlich die Fahrt auf der Journalière hatten eine nach meinen Begriffen ungeheure Entfernung zwischen mich und Salzbrunn gelegt. Wir hatten gebadet, wir hatten gefrühstückt, es war ein Tag wie alle Tage. Mein Vater schlug eine Wanderung nach Fischbach oder Buchwald vor. Ich konnte auch andere Wünsche äußern, die mit der gleichen Achtung wie von einem Erwachsenen entgegengenommen und diskutiert wurden. Es blieb bei Buchwald, weil uns die Seen und berühmten Parkanlagen anzogen. Wenigstens machte alles auf mich den Eindruck, als ob wir uns aus keinem andern Grund für dieses Ziel entschieden hätten. Unweit Buchwald saß eine alte Tiroler Bäuerin, Emigrantin aus Zillertal, vor ihrem nach Tiroler Muster sauber erbauten Haus, und mein Vater fragte sie nach dem Wege. In Tiroler Mundart gab sie Bescheid, wobei sie meinen Vater mit du anredete, was für mich bei der Gegensätzlichkeit beider Gestalten eine höchst befremdliche Überraschung war. Der Umstand wurde dann zwischen Vater und mir sehr belacht, und so waren wir, von der Alten richtig gewiesen, in eine Allee hinter dem Buchwalder Schloß gelangt, wo mein Vater hinwollte. Einige Schritte erst hatten wir in dieser Allee zurückgelegt, als in ihrer sich mehr und mehr verjüngenden Tiefe ein Punkt erschien, in dem meine scharfen Augen einen Wagen mit zwei Pferden davor erkannten. Mein Vater, der ja kurzsichtig war, wollte wissen, wie der Wagen aussähe, was ich ihm aber genau nicht sagen konnte, da selbst für meine Augen die Entfernung zu groß war. Jedenfalls kam der Wagen auf uns zu, und man hatte ja dann Gelegenheit, sich über die Art des Gefährtes klarzuwerden. Nach zwei Minuten konnte ich meinem Vater versichern, daß es sich um eine recht elegante Equipage handelte, einen der damals neuen Landauer. Der Kutscher auf dem Bock trug Livree, und jemand, ein Diener höchstwahrscheinlich, saß in steifer Haltung neben ihm. Es lag nah, an den Grafen X., den Besitzer von Buchwald, zu denken, da die schöne, mit alten Bäumen umsäumte herrschaftliche Zufahrt eine private war. Kaum hatte ich dies bei mir selbst gedacht, als mein Vater mit einer gewissen Hast ebenderselben Meinung Ausdruck gab. »Gerhart«, hieß es, »raff dich zusammen, geh grade und grüße, wenn der Wagen vorbeifährt, es ist Graf X., und wir sind hier auf seinem Grund und Boden.« Das sah ich ein. Und als nun mein Vater noch das bei ihm übliche kurze Kommando »Brust raus, Bauch rein!« ertönen ließ, schritt ich, als ob ich einen Ladestock verschluckt hätte, neben ihm.
Inzwischen, als die Equipage mit zwei lebhaften Pferden näher und näher kam, wurde mir etwas an diesem Gefährt auf eine Weise, die ich mir nicht erklären konnte, wundersam. Das Befremden lag nun aber wieder darin, daß mir etwas daran bekannt erscheinen wollte. In diesem Augenblick wußte ich noch nicht, daß ich im nächsten den glücklichsten meiner Jugend erleben sollte: schon aber fing er sich im Dunkeln zu regen, zu grauen, zu dämmern und in einer plötzlichen Bestürzung übergrell blendend zu leuchten an. Und so, als ob man mit einem Blick mitten in die Sonne erblindete und aus dieser Blindheit trete ein gottgesandter Engel hervor, so sah ich plötzlich den Diener neben dem Kutscher in meinen ältesten Bruder Georg verwandelt, erkannte aber unseren eigenen Kutscher Friedrich immer noch nicht, unsere Pferde und unsern Wagen ebensowenig, bis ich, das Innere des offenen Landauers überblickend, immer noch meinen Augen nicht traute, als ich im Fond meine Mutter, meine Schwester Johanna und meinen Bruder Carl sitzen sah.
Es hätte damals wirklich nicht viel gefehlt, und ich wäre vor Freude närrisch geworden. Niemals hatte mich, wie erwähnt, Heimweh geplagt. Weder nach Mutter noch Geschwistern hatte ich Sehnsucht empfunden. Aber nun, wie ich mich selbst noch ganz genau zu erinnern vermag und wie Erzählungen in der Familie wieder und wieder bestätigten, sprang ich immer nur mit beiden Beinen in die Luft und war eine Viertelstunde lang nicht zu beruhigen.
Der psychische Prozeß dieser Überraschung ist mit all seinem Drum und Dran in mein Inneres geprägt und noch heute wieder hervorzurufen. Er hat mir, wo es Überraschungen darzustellen galt, immer die gleichen guten Dienste geleistet.
Vielleicht waren die nun folgenden vier oder fünf Tage die am meisten harmonischen und die glücklichsten, die der Familie je beschieden gewesen sind.
Wir machten Fahrten statt Fußwanderungen, da wir ja nun unsere Equipage hatten, unter anderm auch nach der Josephinenhütte in Schreiberhau, wo mehrere Glasöfen in Betrieb waren und man die Glasbläser beobachten konnte. Wie wir Knaben an Strohhalmen unsere Seifenblasen, so bliesen sie durch metallene Röhren die in Weißglut brennenden Glasmassen auf und gestalteten sie zu allerlei Formen.
Wenn ich von diesem Eindruck absehe, der sehr tief und nachhaltig war, blieb mir aus diesen Tagen wenig zurück. Gewiß, sie waren von ungetrübter Heiterkeit, außer daß ich allmählich begriff, die beste Zeit war trotzdem vorüber. Das innige Einvernehmen mit meinem Vater hatte sich in ein allgemeines verflacht, bei dem ich zwar ausgezeichnet und verwöhnt wurde, das mir aber den Vater und Freund eben doch entfremdete. Bei alledem hatte ich meinen unterbrochenen dionysischen Rausch wieder aufgenommen, war wiederum Chingachgook, siegte in allen Wettrennen mit dem Steppenroß, war wiederum Wildtöter, Affe, Singvogel und führte morgens beim ersten Frühstück, wo mitunter die ganze Familie ein Geist des Übermuts ergriff, Solotänze aus, eine Kunst, von der nur meine Schwester gewußt hatte. Ich hatte mir eine Art Nijinski-Tanz selbst ausgedacht, oder besser: er war als instinktives Bedürfnis aus mir hervorgetreten. Dabei bewegte ich mich in rasanten Fußwirbeln, Sprüngen und dergleichen, wie ich glaube, mit ungewöhnlicher Vielfalt und Leichtigkeit. [...]
Aus einer zweiten Badereise im Jahr darauf, die mich und den Vater nach Teplitz führte, würde, was unsre psychische Verfassung anlangt, nur eben das gleiche zu berichten sein. Ein Punkt vielleicht ist nicht ganz bedeutungslos, um als neu und besonders erwähnt zu werden, wenn man die Folgen durch ein ganzes Leben ins Auge faßt. Mein Vater gewöhnte mich ans Biertrinken. Dem schönen böhmischen Bier, besonders dem aus Pilsen, ist die Schuld daran beizumessen. Überall wurde es serviert. Es leuchtete allzu freundlich kristallen-hell, schmeckte allzu edel und rein, um sich als ungesund zu erweisen. Am dritten Tage verlangte ich schon mit Ungeduld, was mir am ersten noch widerstanden hatte. So kam es, daß neben Vaters vollem Glas immer das meine, ein ebenso großes, stand. Der Eigensinn meines Vaters ging darauf hinaus, mich auch gegen den Alkohol beizeiten fest zu machen. Daraufhin sprach ihn eines Abends im Restaurant, wo wir saßen, ein Fremder an. Ob es für mich kleinen Knaben wohl gut sein könne, ein ganzes Glas Bier zu trinken. Ja, sagte mein Vater, ich wäre ein etwas blutarmes Kind, und dieses Gemisch von Malz, Hopfen und Alkohol sei als Medizin zu betrachten. Der Fremde schwieg und zuckte die Achseln. Mein Vater war ein zu streng aussehender, ernster Mann und benahm ihm den Mut, sich nach einer solchen Erklärung noch mit ihm einzulassen.
(Gerhart Hauptmann: Das Abenteuer meiner Jugend, 1937)
(Gerhart Hauptmann: Das Abenteuer meiner Jugend, 1937)
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