07 August 2019

Fontane an Emilie 20.5.1868


Fontane an Emilie Thale Hotel Zehnpfund 20.5.1868 

"Nach Tisch, von 3-6, setz' ich mich in eine Weinlaube, die aber noch nicht zugewachsen ist und mir den Blick in die schöne Berglandschaft gönnt. In dieser Laube lese ich mit ungeschwächter Erbauung, W. Scotts Erzählungen eines Großvaters*. Er schrieb diese Erzählungen, die eine poetische Darstellung der Geschichte Schottlands sind, vor 50 Jahren für seinen siebenjährigen Enkel, der jetzt Abbotsford besitzt und dessen Bildnis im Husaren-Uniform ich gesehen habe. Der Enkel wird sich wohl damals und vielleicht auch später nicht viel daraus gemacht haben. Aber der große Waverly-Dichter schrieb es, noch weit tiefer hinunter, für einen Wickelkind, das damals eben geboren in der Löwen-Apotheke zu Neuen-Ruppin in einer Wiege lag und besagtes Wickelkind, jetzt leidlich ausgewachsen, liest es in einer Weinlaube am Fuße der Rosstrappe, entzückt sich ein jeder Zeile, an der Kindlichkeit, an der klassischen Einfachheit des Ausdrucks und ruft lauter denn je:"Hoch, Scott; – ihr andern seid doch alle nur Nachtwächter.« Dies ist der höchste Trumpf. Hiermit will ich schließen."

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