Als Chefdolmetscher im deutschen Auswärtigen Amt in Weimarer Republik und NS-Zeit hat Paul Schmidt nicht nur die europäischen Außenpolitiker aus nächster Nähe kennen gelernt.
Nachdem ich nach rund vier Jahrzehnten das Buch wieder in die Hand genommen habe, ist aber sofort wieder Aristide Briand mein Liebling. Das muss wohl an der Vorliebe liegen, die Schmidt für ihn und Stresemann hatte, die beiden Politiker, die gegen heftige innenpolitische Widerstände die außenpolitische Annäherung Deutschlands und Frankreichs voranbrachten und gegen Ende ihres Lebens (Stresemann starb 1929, Briand 1932) schon absehen konnten, dass trotz aller ihrer Mühen doch wieder eine Entfremdung zwischen den Ländern auftrat.
Doch wurde ihnen erspart, mitzuerleben, wie ihr Lebenswerk von den Nazis zunichte gemacht wurde.
Dem Anspruch, das Bild, was die bloße Aktenlage hergibt, ganz wesentlich zu ergänzen und damit zu korrigieren, wird Schmidt voll gerecht. Stimmungen, die Offenheit der Situation, dies alles weiß er besser zu schildern, als ein Historiker es aufgrund intensivster Studien tun könnte. Dass sein Urteil abgewogen oder objektiv, gar historisch richtig wäre, braucht man nicht zu erwarten, obwohl Schmidt - das Buch wurde 1949 veröffentlicht, 2005 neu aufgelegt - mit erstaunlich weitem Horizont urteilt. Anders als bei anderer Memoirenliteratur braucht Schmidt nicht nachträglich seine Entscheidungen zu rechtfertigen, so entsteht ein atmosphärisch dichtes Bild, wie es ohne diese Lektüre nicht zu erlangen ist.
Hinter der Gewalt
vor 21 Stunden
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