Die Kunstschätze sind unzählbar, und die Gemälde, unter denen sich auch nicht ein mittelmäßiges befand, sondern die fast alle von den größten Meistern sind, haben überdem zum Teil ein ganz besonderes Familien-Interesse, da sehr viele Portraits der Ahnen sich darunter befinden, von der Hand Titians, Van Dycks und Rubens gemalt. Der größte Schatz, und zwar ein unschätzbarer, ist eins der bezauberndsten Bilder Raphaels, die schöne Johanna von Aragonien (eine nicht genau historisch auszumittelnde Person) von der es, seltsam genug, vier Bilder gibt, alle höchst vortrefflich, und die alle für das echte Original ausgegeben werden, drei davon jedoch ohne Zweifel Kopien sein müssen, dem Vorbilde aber so gut wie gleich geworden sind. Das eine ist in Paris, das andere in Rom, das dritte in Wien, das vierte hier. Ich kenne sie alle vier, und muß unbedingt dem hiesigen den Vorzug geben. Es liegt ein Zauber in diesem herrlichen Weibe, der nicht auszusprechen ist! Ein Auge, das in die Tiefen der Seele führt, königliche Hoheit, verbunden mit der weiblichsten Liebesempfänglichkeit, wollüstiges Feuer im Blick, zugleich mit süßer Schwermut gepaart, dabei eine schwellende Fülle des schönsten Busens, eine durchsichtige Zartheit der Haut, und eine Wahrheit, Glanz und Grazie der Gewänder, wie des ganzen Schmucks der Bekleidung – so, wie es nur ein so göttliches Genie in himmlischer Schöpferkraft vollständig hervorrufen konnte. Zu den interessantesten Portraits, durch das historische Interesse, welches man an den Personen nimmt, noch erhöht, gehören folgende: Zuerst Machiavelli, von Titian. Ganz, wie ich mir ihn gedacht. Ein feines und kluges, und doch dabei leidendes Gesicht, wie trauernd über die so tief erkannte, nichtswürdige Seite des menschlichen Geschlechts, jene hündische Natur, die nur liebt, wenn sie getreten wird, nur folgt, wo sie fürchtet, nur treu ist, wo sie Vorteil davon hat. Ein Zug mitleidigen Spottes umschwebt die schmalen Lippen, während das dunkle Auge nachdenkend in sich selbst hineinzuschauen scheint. Es deucht einem im ersten Augenblick sonderbar und auffallend, daß dieser große und klassische Schriftsteller so lange auf die abgeschmackteste Weise mißverstanden worden ist, entweder als ein moralisches Scheusal geschildert (und wie albern ist in dieser Hinsicht die Refutation Voltaires) oder gar die abenteuerliche Hypothese aufgestellt, daß sein Buch eine Satire sei! Bei näherer Betrachtung erlangt man indes bald die Überzeugung: daß nur die neuere Zeit, welche endlich anfängt, die Politik aus einem höhern, wahrhaft menschlichen Gesichtspunkte zu verstehen und zu behandeln, Machiavellis ›Fürsten‹ richtig beurteilen konnte . Dieser tiefe und scharfsinnige Geist gibt wirklich den Fürsten der Willkür – so nenne ich aber alle die, welche sich nur par la grâce de Dieu, um ihrer selbst willen, ›Fürsten‹ glauben; alle Eroberer, auch alle Glückspilze der Geschichte, denen durch ein blindes Ohngefähr Völker geschenkt wurden, die sie für ihr Eigentum ansahen – dieser Art Fürsten also, sage ich, gibt er die einzige und wahre Weise an, wie sie prosperieren, die einzigen erschöpfenden Regeln, die sie befolgen müssen, um ihre, von Haus aus auf dem Boden der Sünde und des Irrtums erwachsene Macht erhalten zu können. Sein Buch ist und bleibt für ewige Zeiten das unübertreffliche, das wahre Evangelium für solche, und wir Preußen insbesondere mögen uns Glück wünschen, daß in neuester Zeit Napoleon ›seinen Machiavelli‹ so schlecht inne hatte, weil wir sonst wohl noch unter seinem Joche seufzen möchten! Wie herrlich geht aber über diesem Abgrund, dem seine relative Wahrheit nicht abzustreiten ist, die Sonne des repräsentativen Volksfürsten neuerer Zeit auf! Wie nichtig wird dann, von dieser Basis ausgehend, das ganze Gebäude der Finsternis, welches Machiavelli so meisterhaft entwickelt, und sinkt vor ihren Strahlen in Nichts zusammen, denn es braucht ja nun weder mehr der List und Unwahrheit, noch der despotischen Gewalt und Furcht, um zu regieren....
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