[Don Quijote:]
Dulcinea von Toboso
Ist in meines Herzens Tafel
Also gründlich eingepräget,
Daß sie niemals weicht noch wanket.
Fester Mut bei Liebesleuten
Ist am meisten hochzuhalten,
Für sie tut die Liebe Wunder,
Wird sie endlich glücklich machen.
So weit war Don Quixote in seinem Gesange gekommen, dem der Herzog, die Herzogin, Altisidora und fast alle Leute aus dem Schlosse zuhörten, als plötzlich von einer Galerie herunter, die senkrecht auf das Fenster des Don Quixote stieß, ein Seil herabgelassen wurde, an welchem mehr als hundert Schellen befestigt waren, und gleich darauf schüttete man einen großen Sack mit Katzen aus, die an ihren Schwänzen ebenfalls kleinere Schellen gebunden hatten. Das Getöse der Schellen und das Miauen der Katzen war so groß, daß die Herzoge, ob sie gleich die Erfinder des Spaßes waren, dennoch erschraken und Don Quixote sich entsetzte; das Schicksal fügte es überdies, daß zwei oder drei Katzen durch das Fenster in sein Zimmer sprangen, die so von einer Seite zur andern herumfuhren, daß es nicht anders war, als wenn sich eine Legion Teufel darin befände. Sie löschten die Lichter aus, die im Zimmer brannten, und sprangen hierhin und dorthin, um einen Ausgang zu finden. Das Aufziehen und Niederlassen des Seiles mit den großen Schellen hörte immer noch nicht auf; der größte Teil der Leute im Schlosse, die um den Zusammenhang der Sache nicht wußten, waren voll Verwunderung und Erstaunen. Don Quixote stellte sich aufrecht und griff nach seinem Degen, worauf er aus dem Fenster heraus zu fechten und laut zu rufen anfing: »Hinweg, ihr boshaften Zauberer, hinweg, Hexengesindel, denn ich bin Don Quixote von la Mancha, gegen den eure boshaften Absichten nichts vermögen und kraftlos sind.« Er wandte sich nun nach den Katzen, die im Zimmer waren, und schlug nach ihnen mit vielen Hieben; diese rannten nach dem Fenster und sprangen hinaus, obgleich eine, die sich so von den Hieben des Don Quixote verfolgt sah, ihm ins Gesicht sprang und sich mit Klauen und Zähnen in seine Nase klemmte, daß Don Quixote vor Schmerzen laut zu schreien anfing, als er nur immer konnte. Dies hörten der Herzog und die Herzogin, und da sie die Ursache errieten, gingen sie eilig nach seinem Zimmer, welches sie mit einem Hauptschlüssel eröffneten und den armen Ritter mit allen Kräften kämpfen sahen, die Katze vom Gesichte zu reißen. Sie kamen mit Lichtern herein und sahen diesen ungleichen Streit, der Herzog lief hinzu, ihn zu befreien, aber Don Quixote rief laut: »Nehme mir ihn keiner ab, laßt mich handgemein bleiben mit diesem Teufel, mit diesem Hexenmeister, mit diesem Zauberer, denn ich will es ihm zeigen, was es mit dem Don Quixote von la Mancha auf sich habe.« Die Katze kehrte sich aber an diese Drohungen nicht, knurrte und hielt sich fest. Endlich aber machte sie der Herzog los und warf sie aus dem Fenster; Don Quixote hatte das Gesicht zerrissen, und die Nase war ziemlich verletzt, dessenungeachtet war er verdrüßlich, daß man ihn nicht die Schlacht hatte ausfechten lassen, in welcher er mit dem boshaften Zauberer verwickelt gewesen war. Man ließ Balsam herbeibringen, und Altisidora legte ihm selbst mit ihren weißesten Händen einen Verband auf die Wunde, und beim Auflegen sagte sie mit leiser Stimme zu ihm: »Alle diese Unglücksfälle, steinerner Ritter, begegnen dir wegen deiner Härte und Halsstarrigkeit, und gebe Gott, daß es dein Stallmeister Sancho vergessen möge, sich zu geißeln, damit niemals deine so sehr geliebte Dulcinea aus ihrer Bezauberung komme und du sie nicht genießest noch ihr Hochzeitbett beschreitest, wenigstens solange ich lebe, die ich dich verehre.«
(Cervantes: Don Quijote 2. Teil 9. Buch 13. Kapitel)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen