Reinhardswaldschule
Lehrgang über Literatur (im November 1991): Was gab's zu entdecken?
Zunächst einmal den Zusammenhang von Ecos "Der Name der Rose"
mit den neuesten Restaurationsbemühungen auf dem Frankfurter
Römerberg und den fragwürdigen Innenstadtgeschäften und -hotels
mit Erkerchen, Dachgauben usw. und neuester deutscher Literatur, vor
allem mit Ransmayrs "Die letzte Welt", einem Buch, das
davon erzählt, wie ein Anhänger Ovids diesen in seinem Exil am
Schwarzen Meer aufzuspüren sucht, ihn nicht findet und jetzt erlebt,
daß er zwar auch dessen Werk die "Metamorphosen" nicht
rekonstruieren kann, daß sich aber die Exilstadt Ovids, Tomi, unter
seinem Einfluß (?) in ein Terrarium Ovidscher Gestalten verwandelt
hat. - Gemeinsam ist, wie mir interessant war zu erfahren, die schon
seit 1960 (!) sich entwickelnde Postmoderne. Aus dem
kunsthistorischen Vortrag mit Architekturbeispielen aus aller Welt
habe ich auch Neues über die klassische Moderne der Architektur
dazugelernt. Außerdem haben mich zusätzlich Aufsätze in den
Zusammenhang zwischen Saussures Linguistik und Derridas postmoderner
Philosophie (besonders Erkenntnistheorie) eingeweiht. Dann habe ich
auch Martin Walsers "Verteidigung der Kindheit" und Thomas
Bernhards autobiographischen Text "Das Kind" schätzen
lernen. Erstmalig hat mich ein Text des großen Bernhard unmittelbar
angesprochen. Nach den Sitzungen habe ich viel gelesen, aber auch im
Bett liegend von der Indonesienreise meines Zimmernachbarn einen
Bericht in glühenden Farben erhalten, die dringliche Anregung
erhalten, Rushdies "Satanic Verses" trotz aller
Leseschwierigkeiten mir vorzunehmen, Hinweise, die das Verständnis
von Walter Benjamins Ästhetik erleichtern und vieles andere. Und
dann habe ich zu Enzensbergers Gedicht "Chinesische Akrobaten"
aus seinem Band "Zukunftsmusik" ein engeres Verhältnis
gewonnen. (1991)
Hinter der Gewalt
vor 21 Stunden
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