Eichendorff: Dichter und ihre Gesellen
[...] es war schlechterdings keine Ordnung und kein künstlerisches Motiv hineinzubringen.
Über dem dunkelen Berge aber trat plötzlich der Mond aus einer Wolke und beschien die stillen Wälder und Gründe; da war auf einmal alles in der rechten, wunderbaren Beleuchtung: das öde Haus, der altmodische, halbverfallene Garten, die wildverwachsenen Statüen und die abenteuerlichen Gestalten, die auf den Bassins der vertrockneten Wasserkünste umhersaßen, wie eine Soldatennacht im Dreißigjährigen Kriege. –
»Preziöschen!« rief Fortunat Kordelchen zu, »bellt von fern ein Hund
liegt ein Dorf im Grund,
schläft Bauer und Vieh,
gibt was zu schnappen hier!« –
Kordelchen antwortete munter:
»Heult der Wolf in der Heid',
ist mein Schatz nicht mehr weit;
stellt aus die Wacht,
gibt heut eine gute Zigeunernacht.« –
»Willewau, wau, wau, witohu!« riefen die andern jauchzend dazwischen.
Kordelchen aber schwang plötzlich ein Tamburin, daß es schwirrte, tanzte mit ihren roten polnischen Stiefeln auf zigeunerisch und sang dazu:
Am Kreuzweg, da lausche ich, wenn die Stern
Und die Feuer im Walde verglommen,
Und wo der erste Hund bellt von fern,
Da wird mein Bräut'gam herkommen.
Fortunat antwortete lustig:
Und als der Tag graut' durch das Gehölz,
Sah ich eine Katze sich schlingen,
Ich schoß ihr auf den nußbraunen Pelz,
Die macht' einmal weite Sprünge!
Kordelchen sang wieder:
's ist schad nur ums Pelzlein, du kriegst mich nit!
Mein Schatz muß sein wie die andern:
Braun und ein Stutzbart auf ungrischen Schnitt
Und ein fröhliches Herze zum Wandern. [...]
[...] es war schlechterdings keine Ordnung und kein künstlerisches Motiv hineinzubringen.
Über dem dunkelen Berge aber trat plötzlich der Mond aus einer Wolke und beschien die stillen Wälder und Gründe; da war auf einmal alles in der rechten, wunderbaren Beleuchtung: das öde Haus, der altmodische, halbverfallene Garten, die wildverwachsenen Statüen und die abenteuerlichen Gestalten, die auf den Bassins der vertrockneten Wasserkünste umhersaßen, wie eine Soldatennacht im Dreißigjährigen Kriege. –
»Preziöschen!« rief Fortunat Kordelchen zu, »bellt von fern ein Hund
liegt ein Dorf im Grund,
schläft Bauer und Vieh,
gibt was zu schnappen hier!« –
Kordelchen antwortete munter:
»Heult der Wolf in der Heid',
ist mein Schatz nicht mehr weit;
stellt aus die Wacht,
gibt heut eine gute Zigeunernacht.« –
»Willewau, wau, wau, witohu!« riefen die andern jauchzend dazwischen.
Kordelchen aber schwang plötzlich ein Tamburin, daß es schwirrte, tanzte mit ihren roten polnischen Stiefeln auf zigeunerisch und sang dazu:
Am Kreuzweg, da lausche ich, wenn die Stern
Und die Feuer im Walde verglommen,
Und wo der erste Hund bellt von fern,
Da wird mein Bräut'gam herkommen.
Fortunat antwortete lustig:
Und als der Tag graut' durch das Gehölz,
Sah ich eine Katze sich schlingen,
Ich schoß ihr auf den nußbraunen Pelz,
Die macht' einmal weite Sprünge!
Kordelchen sang wieder:
's ist schad nur ums Pelzlein, du kriegst mich nit!
Mein Schatz muß sein wie die andern:
Braun und ein Stutzbart auf ungrischen Schnitt
Und ein fröhliches Herze zum Wandern. [...]
»Aber«, fuhr er fort, »die Seele des Dichters ist wie eine Nachtigall, je tiefer man ihren Käfig verhängt, je schöner schlägt sie, [...]
Hörst du nicht die Bäume rauschen
Draußen durch die stille Rund?
Lockt's dich nicht, hinabzulauschen
Von dem Söller in den Grund,
Wo die vielen Bäche gehen
Wunderbar im Mondenschein,
Und die stillen Schlösser sehen
In den Fluß vom hohen Stein?
»Das ist das Lied!« – rief Otto und eilte ganz verwirrt den Berg hinab. Unten aber sang es von neuem:
Kennst du noch die irren Lieder
Aus der alten, schönen Zeit?
Sie erwachen alle wieder
Nachts in Waldeseinsamkeit,
Wenn die Bäume träumend lauschen
Und der Flieder duftet schwül
Und im Fluß die Nixen rauschen
Komm herab, hier ist's so kühl.
[...]
Draußen durch die stille Rund?
Lockt's dich nicht, hinabzulauschen
Von dem Söller in den Grund,
Wo die vielen Bäche gehen
Wunderbar im Mondenschein,
Und die stillen Schlösser sehen
In den Fluß vom hohen Stein?
»Das ist das Lied!« – rief Otto und eilte ganz verwirrt den Berg hinab. Unten aber sang es von neuem:
Kennst du noch die irren Lieder
Aus der alten, schönen Zeit?
Sie erwachen alle wieder
Nachts in Waldeseinsamkeit,
Wenn die Bäume träumend lauschen
Und der Flieder duftet schwül
Und im Fluß die Nixen rauschen
Komm herab, hier ist's so kühl.
[...]
Es war eine von den prächtigen Sommernächten jenes Landes, die alles wunderbar in Traum verwandeln. [...]
Erzählung von der spanischen Gräfin
Erzählung von der spanischen Gräfin
In dieser Not erblickte der Rittmeister auf einmal die Gräfin hoch über sich wie den Todesengel zwischen den Flammen. Ihm vergingen die Sinne bei dem Anblick, er vergaß Heimat, Liebchen und Ruhm, er wollte nur sie retten oder sterben. [...]
Vergebens riefen ihm die Seinigen nach, er hörte nicht mehr und drang verblendet die brennende Treppe hinan, unter sich in der wilden Beleuchtung sah er den Garten, die Schlüfte und den Strom, der wie eine glühende Schlange an dem Schlosse vorüberschoß – schon lange er nach ihr, sie zu umschlingen und hinabzutragen, da stieß sie ihn mächtig von der Zinne hinab, daß die Flammen wie fliegende Fahnen den braven Soldaten bedeckten. Bald darauf stürzte der ganze Bau donnernd über Freund und Feind zusammen – man hat seitdem die Gräfin nicht wiedergesehen.« [...]
»Sie ist mitverbrannt«, hört ich einen von ihnen sagen. – »So war denn alles nur ein prächtiger Traum!« rief ein anderer schmerzlich aus; dann stürzten sie in den Wald, den Flüchtlingen nach. – »Später hörte ich, daß die schwarzen Gesellen von der englisch-deutschen Legion gewesen, welche das Schloß hatten entsetzen wollen.« »Und sahen Sie den Offizier nicht, der sie anführte?« fragte der Fürst wieder. »Ich erblickte ihn nur fern und flüchtig in der wilden Nacht«, erwiderte der Lord, »bei meinem Regiment aber nannten sie nachher einen deutschen Grafen: Victor von Hohenstein.« [...]
Da fuhr plötzlich der Lord auf: »Seht da, wahrhaftig, die wilde Gräfin!« – der Mond war auf einmal zwischen den Wolken hervorgetreten und beleuchtete flüchtig Juanna, die jenseits noch auf dem Balkon stand. – Der Fürst aber schloß schnell das Fenster.
»Still, still«, sagte er zu dem erstaunten Lord, der diesen Ausruf nur so gedankenlos hingeworfen, »verratet es niemand, daß Ihr sie kennt.«
»Still, still«, sagte er zu dem erstaunten Lord, der diesen Ausruf nur so gedankenlos hingeworfen, »verratet es niemand, daß Ihr sie kennt.«
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