Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg, 2006 (Jakobsweg)
Ein Buch, über das mehr gesprochen wurde als über andere Bestseller. Aus einem Austauschbücherregal. Hineingesehen, es ist gekonnt geschrieben. Als ich S.242 aufschlage, bleibe ich längere längere Zeit hängen, blättere dann wegen "Americo, dem Schamanen der Indios aus Peru" weiter nach vorn (S,225) (Die Engländerin kennt dann seine wirkliche (?) Identität: Jorge aus Ecuador.)
Kerkelings Gottesbegegnung:
"Das, was ich gestern erleben dürfte, kann ich weder erzählen noch aufschreiben. Es bleibt unsagbar. Schweigend und ohne jeden Gedanken zwölf Kilometer zu laufen kann ich nur jedem empfehlen. Larissa hat er mir in Granón etwas gesagt, was ich für ziemlich albern hielt: 'Irgendwann fängt jeder auf dem Weg an zu flennen. Der Weg hat einen irgendwann so weit. Man steht einfach da und heult.
Bei mir war es gestern soweit. Ich stehe mitten in den Weinbergen und fange aus heiterem Himmel an zu weinen. Warum, kann ich gar nicht sagen.
Erschöpfung? Freude? Alles auf einmal? Weinen in den Weinbergen!? Ich muss gleichzeitig darüber lachen.
Ja, und dann ist es passiert! Ich habe meine ganz persönliche Begegnung mit Gott erlebt.
'Yo y Tú' war die Überschrift meiner Wanderung und das klingt für mich auch wie ein Siegel der Verschwiegenheit. In der Tat, was dort passiert ist, betrifft nur mich und ihn. Aber an der Wand der Grundschule standen drei Worte: 'Ich und du'. Die Verbindung zwischen ihm und mir ist nämlich etwas Eigenständiges.
Um Gott zu begegnen, muss man vorher eine Einladung an ihn aussprechen, denn ungebeten kommt er nicht. Auch eine Form von gutem Benehmen. Wir haben die freie Wahl. Zu jedem baut er eine individuelle Beziehung auf. Dazu ist nur jemand fähig, der wirklich liebt.
Ich werde hier von Tag zu Tag freier und das Hin und Her in meiner Gefühlswelt auf dem Camino ergibt plötzlich einen klaren Sinn. Durch alle Emotionsfrequenzen habe ich mich langsam auf die eine Frequenz eingetunt Und hatte einen großartigen Empfang. Totale gelassene Leere ist der Zustand, der ein Vakuum entstehen lässt, das Gott dann entspannt komplett ausfüllen kann. Also Achtung! Wer sich leer fühlt, hat eine einmalige Chance im Leben! Gestern hat etwas in mir einen riesigen Gong geschlagen. Und der Klang wird nachhallen. (S.240/41)
Kerkeling hat nur zu recht. Es verschlägt ihm die Sprache, und dann fängt er an daherzureden: Emotionsfrequenzen, eingetunt, großartiger Empfang. Lauter Metaphern aus seiner Berufswelt, ganz ungeeignet etwas ganz Persönliches auszusagen. Und aufgrund dieses ganz Persönlichen ist Kerkeling gleich imstande, ganz allgemeine Aussagen zu machen: 'muss man' ungebeten kommt er nicht'.
Und Gott kann etwas 'ganz entspannt' und 'komplett'.
Auf dem Weg hat Kerkeling etwas erlebt. Jetzt, in einen ganz anderen Situation, am Schreibtisch will er das für sein Buch festhalten.
Kein Wunder, dass ihm das nicht gelingt.
Auch wenn ich meine Vorstellung nur unter 'Lektüre am Rande' vorgesehen hatte. Das muss ich doch gut auffindbar festhalten.
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