"[...] Weidermann schreibt sogar von einer "Meeresdroge", dem sozusagen auf Papier gebannten "Ruf des Strandhorns". Es fallen einem auf Anhieb viele maritime Bezüge im Werk Thomas Manns ein: Morten Schwarzkopf und Tony Buddenbrook am Strand von Travemünde, die auf einer Transatlantik-Schiffspassage entstandene "Meerfahrt mit Don Quijote" des Literaturnobelpreisträgers, sein Sommerhaus in Nidden an der Kurischen Nehrung, und dann natürlich die vielen Fotos von Thomas Mann im Strandkorb, in Bademantel oder Ganzkörperbadeanzug.
Es dürfte keinen anderen deutschen Schriftsteller geben, der – egal ob an Ost- oder Nordsee – sich so oft am und im Strandkorb (gern rauchend) hat ablichten lassen. Weidermann zeigt aber auch anhand des "Schnee"-Kapitels im "Zauberberg", wie sehr selbst die Davoser Bergwelt metaphorisch von Meeresströmungen durchzogen ist. Das "Schnee"-Kapitel ist eigentlich recht besehen auch ein See-Kapitel.
Das Meer als Sinnbild von Verlangen und Vergänglichkeit
Das Mittelmeer, an dessen französischem Teil in Sanary-sur-mer der Emigrant Mann mit seiner Frau Katia im Sommer 1933 einige Woche verbrachte, scheint ihn weniger angesprochen zu haben. Zumindest findet das träge italienische Meer im "Tod in Venedig" als "ödes Meer" Erwähnung. An anderer Stelle spricht Mann mal von der "Großwildnis" des Atlantiks oder von der Nordsee als einem "erschütternden Meere" nach einem Sylt-Aufenthalt. [...]
Als Thomas Buddenbrook anfängt, Ferien am Meer machen zu wollen, ahnen die kundigen Leser schon, dass es mit ihm zu Ende gehen könnte." Nach der Lektüre dieses Buches versteht man viel besser, warum Thomas Mann einst festhielt:
"Meine Liebe zum Meer, dessen ungeheure Einfachheit ich der anspruchsvollen Vielgestalt des Gebirges immer vorgezogen habe, ist so alt wie meine Liebe zum Schlaf.""
https://www.br.de/nachrichten/kultur/mann-vom-meer-volker-weidermann-und-sein-thomas-mann-roman,Tgxr5hs BR24 12.6.2023
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