PierreVL: "Ich habe nie auch nur ansatzweise verstanden, was so viele Leute an dem Buch finden. Eigentlich mag ich phantastische Literatur ja schon, auch den magischen Realismus, z.B Juan Rulfo "Pedro Paramo". Auch die Liebe in den Zeiten der Cholera von Garcia Marquez habe ich total gerne gelesen.
Aber Hundert Jahre Einsamkeit habe ich bestimmt dreimal angefangen und nach ein paar dutzend Seiten entnervt weggelegt. Was soll das, ein Autor, der sich über seine eigenen Figuren lustig macht? Ich fand die ganze Handlung total klamaukig, pubertär und echt zum Fremdschämen.
Gibt es noch mehr Leute, die gerade dieses Buch exzeptionell schlecht finden?"
Fontanefan: "Nicht exzeptionell schlecht, aber: nichts für mich.
Ich habe mehr als nur ein paar dutzend Seiten gelesen und keinen Zugang gefunden. Die weiteren Werke habe ich - wenn überhaupt - nur kurz angelesen und bald aufgegeben.
Dagegen fand ich die Autobiographie von Gabriel García Márquez anregend und interessant: 2002 Vivir para contarla (Leben, um davon zu erzählen, dt. von Dagmar Ploetz; Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, ISBN 3-462-03028-0.
Hundert Jahre Einsamkeit hat mich erfolgreich abgeschreckt.
Noch steht das Buch im Regal. Eingelegt ist eine Rezension (29.4.78) von "Der Herbst des Patriarchen". Ich bin überzeugt, dass Márquez ein bedeutender Autor ist, aber ich habe den Zugang zu seinem Werk 1976 verpasst.
Sollte ich es mit Die Liebe in den Zeiten der Cholera versuchen?
Es geht auch bei "100 Jahre ...": "Er fühlte, wie Amarantas Finger, wie warme, begierige Würmer seinen Bauch absuchten. So drehte er sich zum Schein im Schlaf zu ihr um, um jede Schwierigkeit auszuschalten, und fühlte die Hand ohne schwarze Binde, wie eine blinde Moluske zwischen die Algen seines Sehnens tauchen. Wenngleich sie so taten, als wüssten sie nicht, was sie beide wussten, und wovon jeder von beiden wusste, dass der andere es wusste, waren sie von jener Nacht an durch eine unverbrüchliche Mitwisserschaft aneinander gekettet." (S.113).
Er kann es, aber er versteckt es unter Klamauk. Und der ist - Millionen Leser bezeugen es - offenbar ebenso oder sogar weit besser gekonnt, aber leider nichts für mich.
Bei Gelegenheit schaue ich wieder hinein.
Auf gutefrage.net schreibt Skoph zu Márquez:
"Ich meine, dass Márquez einer der sehr wenigen Menschen der Welt ist, der jeden vieler Romane fast völlig anders schreiben kann, vielleicht sogar will. [...]
"Hundert Jahre... ist kein magischer Realismus, sondern eine real-satirische Darstellung einer Dorfbevölkerung, die mit abergläubischen Ritualen ihrer Religion lebt und sich daraus zumeist entsetzlich primitiv den Alltag erklärt und auch noch so handelt,
Liebe in den Zeiten... ist magischer Realismus, weil man diese lebenslange unbefriedigende Liebesgeschichte als real annehmen kann UND erst am Ende augenscheinlich auf magischer Ebene in den Frohsinn durch glückliche Erfüllung des Lebens erhoben wird. Leider gibt es noch keine mehrteilige, um viel mehr die so feinen Details des Romans darzustellen, Verfilmung dieser epischen Poesie."
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