Sie war 27, als sie aus der bayerischen Kleinstadt über Griechenland nach Israel zog und dort im Kibbuz arbeitete. "Menschen aus aller Herren Länder. Auch deutsch wird gesprochen. Spüre Ablehnung."
Dann lernt sie ihn kennen. Fast wortloses Einvernehmen mit ihm, dem Kibbuznik mit "seinen melancholischen Augen, in denen ich ukrainische Birkenwälder sehe".
Sie wird schwanger, fährt aber wie geplant zurück nach Deutschland. Obwohl sie angesichts des "Skandälchens" denkt: "Darf gar nicht an zu Hause denken."
Ihre Tochter hört über diese Zeit ihrer Mutter in Israel fast nichts. Selbst nach dem Tod der Mutter liest sie nicht ihr Tagebuch über diese Zeit. Sie war ein Tabuthema in der Familie. In einer Zeit, wo im ländlichen Bayern eine Alleinerziehende eine große Ausnahme war.
Die beste Freundin der Tochter störte das nicht. "Du warst eben immer die Freundin ohne Vater."
Die Geschichte der Tochter wird in der neusten Nummer von Chrismon erzählt. Wie die Tochter mit 30 Jahren ihrerseits nach Israel fährt, ist dort nachzulesen.
Sie führt das Israeltagebuch ihrer Mutter weiter. Ihr Bericht schließt: "Es war noch jede Menge Platz darin. Es ist jetzt mein Tagebuch."
Der Text hat mich angesprochen, auch wenn er in einer Zeitschriftennummer mit dem Thema Identität fast so kitschig wirkt, wie manche Symbolhandlung, die die 30jährige tut und - laut Bericht - danach wieder kitschig findet.
Vielleicht lag es daran, dass ich meinerseits vor rund 35 Jahren das Fünfjahrestagebuch meiner Mutter nach ihrem Tod weitergeführt habe und jetzt etwa in dem Alter bin, in dem meine Mutter starb.
Identität. Produkt von Genen, sozialer Enkulturation unter bestimmten Bedingungen, Sartreschen Existenzentscheidungen?
Es lohnt sich, "Blind Date mit meinem Vater" (S.44-48) zu lesen. Es steckt noch manches andere darin, was ich hier nicht aufgegriffen habe.
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