Wi führten tau'n Platzmajur, de up de Zitadell wahnen ded [wohnte]. Hei was vör mine Tiden Platzmajur tau S. west, von wo ick eigentlich herkamm, ick müßt em denn vertellen, woans dat dor utseg, un dorbi kek ick ut dat Finster, woans dat hir woll utseg. As hei dit sach, schüddelte hei den Kopp un säd: »Hier bleiben Sie nicht, Sie kommen in das Inquisitoriat.«
Dat was bös! 'ne Festung mag so slimm sin as sei will, einer hett doch Rum in de ollen Kasematten, wo doch notdürftige Bewegung mäglich is, einer kriggt doch af un an en Minschen tau seihn, un dat Ganze is doch nich utdrücklich dortau bugt, üm en Gefangenen nah alle Kanten tau schurigeln; äwer so'n apartig ingericht't Gefangenhus nimmt einen ok noch dat beten Luft un Licht un Bewegung un Ogenweid', wat einen von Rechts wegen taukümmt. Wi wiren tau Festungsstraf verurtelt; äwer wat kihrte sick de preußische Staat doran, wenn't in sinen Kram paßte, uns in en Zellengefängnis unnertaubringen.
Wi gungen nah dat Inquisitoriat un dor dörch mihrere Häw' bet nah den letzten Flügel, de mit sine Finstern grad nah Nurden lagg; hei was dreistöckig un hadd gegen twintig Zellen un drei lange Korridurs, de langs dat ganze Gebüd' lepen, un up jeden 'ne Schildwach.
As mi nu de Platzmajur in min niges [neues] Quartier afliwert hadd un gahn was, stunn ick in den Inspekter sine Stuw', un dese Herr un sin Handlanger, de Slüter [Schließer] D....mann, stunnen vör mi un keken mi an, un wil dat nich verbaden was, kek ick sei wedder an. – »Jetzt müßte ich Sie aber bitten...«, säd de Inspekter un höll in [hielt inne]. – »Wat?« frog ick. – »Es ist Vorschrift vom Kommandanten...«, stamerte hei wider. – Ick wüßt nich, wat hei von mi wull, un kek em un D....mannen an. – »Daß Sie sich nackt ausziehen«, säd de Slüter, un as ick em dorup ankek, wil dat noch nahrends [nirgends], sülwst in den Unnersäukungs-Arrest nich, von mi verlangt was, blänkerte den Kirl von sin dummdristes Gesicht so'n sures, fettes Grifflachen [Grinsen], as wir em dat Mul mit sur Gaus'smolt [Gänseschmalz] insmeert. – Wat Fettiges hett des' Ort äwerall un ok wat Sures; des' hadd ok noch wat Freches, wil hei wüßt, dat hei vördem bi den Herrn General Grafen H., den irsten Kummandanten, Uneformen putzt hadd un dat »allgemeine Ehrenzeichen« in't Knoplock drog, wat hei mal wegen sine Verdeinste üm den preuß'schen Staat un üm de Stäwel von den irsten Kummandanten kregen hadd.
Wat hülp dat all? – Ick müßt ehr wisen, woans ick erschaffen wir, un as sei minen Herrgott sin Makwark besichtigt hadden, fisentierten [visitierten] sei ok minen Snider sin, indem dat sei all mine Taschen in de Kledaschen [Kleidung] ümkihrten un de Näd unnersochten, ob ick dor nich Pistolen un Metzers un Dinger oder gor Geld in hadd.
As dit besorgt was, kunn ick mi wedder antrecken, un nu föllen sei äwer minen Kuffert [Koffer, Gepäck] los. – 'ne olle eingehüsige, sülwerne Taschenklock, de all so lang' still stahn hadd, as ich satt, wil ick meindag' nich dat Geld taum Reparieren hadd upbringen kunnt, mi ok an de Tid up Stun'ns [bis jetzt] gor nicks gelegen was, würd tauirst [zuerst] mit Beslag beleggt. Dorup kamm en ollen Pipendeckel, so'n ollen Klemmdeckel, taum Vörschin. – »Ist das Silber?« frog de Inspekter. – »Ja«, säd ick, denn mi fohrte dat so dörch den Sinn, dat dese sülwerne Pipenbeslag en Glanz von Wollhabenheit up mi smiten [werfen, schmeißen] kunn, un leigen [lügen] ded ick dorbi ok nich, denn hei was würklich von Sülwer, äwer man von Nisülwer. Un as sei mi nu noch 'ne lütte goldne Dauknadel afnamen hadden, de ick von min Swester taum Wihnachten kregen hadd, un min Schriw- un Teikengeschirr, un as sei dit allens sauber tau mine Personalakten leggt hadden, kunn ick jo nu mit den Slüter nah mine Nummer gahn. (Fritz Reuter: Ut mine Festungstid, Kapitel 7)
Advent Nr. 24: Bachs Weihnachtsoratorium
vor 2 Stunden
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen