02 April 2011

Wie ein Pfund Tabak die Gefängnisordnung verändert

Ein Schließer ist mit seinem Vorgesetzten, dem Inspektor, verfeindet. Der würde gern die Gefangenen menschlicher behandeln, doch er muss befürchten, dass der Schließer ihn bei dem scharfen Festungskommandanten anschwärzt, bei dem er mal als Bursche gearbeitet hat.
Doch Fritz Reuter findet eine Methode, den Schließer zu bestechen.

Min Toback stek em in de Näs': »Woll schönen Toback?« frog hei. – »Ih ja«, säd ick. »Will'n Sei em mal probieren?« – »Ne«, meinte hei, »wo denken Sei hen? Ick süll mi in so'ne Dörchstekerien inlaten?« – »Schön«, säd ick, »denn laten S't sin.«

Herr D....mann kamm wedder, hei hadd nicks bi mi tau dauhn: »Na, wo geiht't?« – »Oh, recht gaud.« – »De Toback smeckt Sei woll?« – »Ja, sihr gaud.« – »Na, wil Sei doch so fründlich wiren..., probieren will ick em doch mal.« – Herr D....mann stoppte sick 'ne Pip: »Schön! Würklich schön!« – »Na, denn nemen S' sick en Pund mit«, säd ick. – Ne, dat künn hei nich. 'ne Pip Toback, dat güng woll; äwer en Pund! Dat wir gegen sine Schülligkeit, dat künn hei nich dauhn. Wat ick von em denken ded? – Äwer as Herr D....mann ut mine Dör gung, hadd hei min Pund Toback in de Hand, un ick dacht wat von em. […]
(Fritz Reuter: Ut mine Festungstid, Kapitel 7)

Einige Dag' drup, so gegen Abend, hürte ick, dat bi minen Nahwer Gr. upslaten würd – dat geschach bi uns allen ümmer üm dese Tid, denn denn würd rein makt un frisch Water halt. Ick kloppte an mine Dör, un D....mann slot up, obschonst de Gefängnisknecht bi minen Fründ Gr. noch nich farig was; ick kamm rute un gung up Gr. tau un kunn doch en por Würd' mit em reden. As de Stuw' rein was, röp D....mann: »Herr Gr.!« un Gr. gung in sin Lock herin; äwer ick ok un set'te mi ahn wideres up dat Bedd. D....mann röp mi, ick süll rute kamen; ick äwer regte mi nich un meinte, hei künn mi jo bet Klock nägen bi minen Kammeraden sitten laten, denn kem hei jo doch noch mal wedder taum Tausluten för de Nacht. – Ne, dat künn hei nich, dat wir gegen de Husordnung, de Inspekter paßte em ümmer up den Deinst. – Ick säd, de Inspekter würd gewiß nich kamen, un säd, ick ded em ok mal wedder en Gefallen, indem ick nich ahn Absicht so'n beten stark mit den Tunpal up dat Pund Toback henwinkte. Un wat was dat En'n? – Herr D....mann slot uns beid tausamen in.

Dor seten wi nu un vertellten uns von ollen un nigen Tiden. Gr. gaww mi en Metz un allerlei Kleinigkeiten, de hei missen kunn, un't würd afmakt, ick süll bi de Kummandanten inkamen, dat wi tausamen wahnen wullen. Binah all de annern wahnten tau twei in ehr Stuwen, un't müggt uns jo ok woll glücken.

Äwer worüm vertell ick so'ne Kleinigkeiten? – Dorüm, wil ick nahwisen kann, dat min Pund Toback de ganze schöne, nah allen Kanten so faste Husordnung ümsmiten ded. – De Gefängnisknecht K. hadd seihn, dat D....mann sick arg gegen de Bestimmungen von den Grafen H. versünnigt hadd; hei würd jo dit glik an den Inspekter vertellen; de hadd nu den Slüter schön in de Fingern, dat hei em nich mihr hinnerrüggs bi den Kummandanten anpetzen kunn. Kort, de ganze, up gegensidige Furcht un Niderträchtigkeit von de Beamten gründte Uprechthollung von den Grafen H. sine scharpe Husordnung föll för ein Pund Toback. Un dat fratt mit de Wil so wid üm sick, dat ick, as noch lang' kein Johr vergahn was, de Slätel ut den Inspekter sine Stuw' herute halte un all de Gefängnissen upslot. – Doch dorüm geschach nicks Unrechts von uns – as denn äwerall in vir Johren äwer twintig bet dörtig junge Lüd' keine Klag' bi de Kummandantur vörkamen is, taum groten Arger von den irsten Kummandanten, de up öffentliche Parad' wütend tau den Inspekter seggt hewwen sall: »Wieder nichts zu melden? – Melden Sie was, und ich werde den Leuten zeigen, wie man mit Hochverrätern umgehen muß!« – Un all de erbärmlichen Quälerien, mit de wi schurigelt würden, wiren nich mal en Pund Toback wirt!

(Fritz Reuter: Ut mine Festungstid, Kapitel 8)

Keine Kommentare: