Schriftstellerin Daniela Krien:
Perlentaucher Rezensionen zu 4 Titeln
Perlentaucher Rezensionen zu Der Brand
Die ZEIT Rezension von Burkhard Müller
Müller ist etwas enttäuscht:: "Daniela Kriens letzter Roman, Die Liebe im Ernstfall, hatte die Liebe als ein großstädtisches Phänomen behandelt; fünf enger oder lockerer miteinander verbundene Frauen aus dem alternativen Milieu Leipzigs hatten darin mit wechselnden Männern ihr Glück gesucht, und es war in seiner komplexen, über mehrere Jahre geführten Anlage eine sehr anregende Studie über den Preis der Freiheit in einer Umwelt gewesen, in der alle Lebensentwürfe möglich geworden zu sein scheinen.
Schon der Schauplatz des neuen Buchs und die Art, wie sein Personal aufeinander bezogen ist, nämlich ganz überwiegend durch familiäre Bande, lassen erkennen, dass nun eine gewisse Reduktion von Komplexität eingetreten ist. Während Die Liebe im Ernstfall durch den weiten Umkreis seines Blicks einen multiplen Liebes-, einen Gesellschaftsroman zum Vorschein gebracht hatte, jene Gattung, die heute nötiger wäre denn je, kehrt Der Brand ins engere Bett von Partnerschaft, Ehe und Familie zurück; das heißt, zu einem Genre, an dem wahrlich kein Mangel herrscht. [...] Am Rande passieren immer noch Dinge, oder vielmehr sind Dinge passiert, die aufhorchen lassen, weil es auf einmal wirklich interessant wird. Peter bekommt Probleme an der Uni, weil er es, mehr aus Begriffsstutzigkeit als aus böser Absicht, unterlassen hat, eine*n nicht binäre*n Student*in so zu titulieren, wie sie/er es verlangt; ein Shitstorm hebt an, und er fühlt sich verkauft und verraten. Daraus hätte man was machen können, wie Philip Roth im Menschlichen Makel! Aber es wird nur als müde Anekdote erzählt, die dartun soll, warum ihn sein ganzes akademisches Dasein nicht mehr freut. [...] Nachdem man Kriens Roman zu Ende gelesen hat, neigt man fast zur Prognose, dass die Simplifizierung und Bequemlichkeit, die man sich in Corona-Zeiten hat zu eigen machen müssen, ihre lockende Kraft wohl auch dann behalten werden, wenn man im Prinzip wieder alles dürfte.
Es ist ein aktuelles, ein unausweichliches Buch, das zeigt, wie es gegenwärtig steht und deprimierenderweise vielleicht bleiben wird – aber gerade deshalb, weil es diesen Zustand als lebenspraktisches und literarisches Muster ratifiziert, leider kein eigentlich gutes."
Was für Müller nur eine "müde Anekdote" bleibt, war für Krien Ausgangspunkt des Erzählens:
„Bei zu vielen Themen ist es ein Eiertanz geworden, darüber zu sprechen“
FR 7.8.21 Interview mit Cornela Geißler über den Roman "Der Brand"
"[...]
Was war das ursprüngliche Thema beim neuen Buch? Ein Paar, das in die Krise gerät, weil die Kinder aus dem Haus sind?
Nein, ich wollte darstellen, warum sich freiheitlich und liberal gesinnte Menschen in unserer Gesellschaft zunehmend fremd fühlen.* Das Paar hatte ich erst noch gar nicht. Erst wenn ich anfange zu schreiben, entstehen die Figuren. Bestenfalls sehe ich Bilder wie in einem Film. Figuren kristallisieren sich heraus, und dann komme ich mit ihnen ins Gespräch. Die Aspekte meines Themas ordne ich erst beim Schreiben selbst. Wenn ich dann fertig bin, fühle ich mich erstmal leer: Alles, was ich zuvor aufgesaugt hatte, ist dann ausgepresst. * Hervorhebung von Fontanefan
Sie erzählen hier chronologisch, schreiben Sie auch chronologisch?
Ich schreibe einmal durch, dann gehe ich zurück und überarbeite. Im Fall von „Der Brand“ war es ein schönes, leichtes Schreiben, es fügte sich alles gut. In der Überarbeitung streiche ich vor allem, denn ich möchte relativ wenig vorgeben, damit die Leser ihren eigenen Phantasie- und Deutungsraum behalten. Und vor allem will ich niemandem meine Meinung aufdrängen. [...]"
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