Schon im hesperischen Latium herrschte der Brauch, den im Anschluß
dann die Albaner voll Ehrfurcht bewahrten, den heute die Weltmacht
Rom auch noch treulich befolgt beim Ausbruch jeglichen Krieges,
mag man das getische Volk mit dem Jammer der Schlachten bedrängen,
Araber oder Hyrkaner; mag man nach Osten zu Indern
aufbrechen oder zurück von den Parthern die Feldzeichen fordern:
»Doppelte Tore« besitzt der Krieg – so heißen sie –, heilig
werden verehrt sie aus Furcht vor dem Mars, dem schrecklichen Gotte.
Hundert eherne Riegel und dauerhaft eisenbeschlagnes
Eichenholz schließen sie, ständig lauert Janus am Eingang.
Wenn unumstößlich die Väter beschlossen, den Krieg zu beginnen,
öffnet der Konsul persönlich im weißen Gewand des Quirinus,
nach gabinischer Weise gegürtet, die knarrenden Flügel,
ruft auch persönlich zum Kampf; ihm folgen die übrigen Männer,
eherne Blashörner dröhnen dazu in kräftigen Stößen.
König Latinus auch sollte den Krieg mit dem Heer des Aeneas
derart verkünden, die Tore der Trauer brauchgemäß öffnen.
Doch er entzog sich dem Auftrag, vermied die Ausführung einer
Amtspflicht, die Unheil nur brachte, und ließ sich im Freien nicht blicken.
Aber da schwang sich die Fürstin der Götter vom Himmel hernieder,
stieß mit der eigenen Hand an die säumigen Tore; die Angeln
drehten sich, Juno erbrach die eisernen Pfeiler des Kampfes.
(Vergil: Aeneis, Siebter Gesang)
Peter Bichsel: Die schöne Schwester Langeweile (2023)
vor 21 Stunden
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