Tobias Schneider: Bestseller im Dritten Reich
"Über die Mentalität der Deutschen während der Jahre 1933 bis 1945 ist schon oft
spekuliert worden. Dabei ist es das Problem all dieser Deutungen, dass bereits Umfang
und Qualität ihrer Quellen dem Thema auch nicht annähernd gerecht werden. Dieser Beitrag wählt einen ganz anderen, aber höchst plausiblen Ansatz. Mit Hilfe der damals verkauften Bestseller kommt der Verfasser zu überraschenden Ergebnissen, die nicht allein
Rückschlüsse auf das Leseverhalten der deutschen Gesellschaft zulassen. [...]
[...] Trotz dieser eindeutigen Ergebnisse ist damit noch längst nicht alles über das
Leseverhalten der Deutschen unter der NS-Herrschaft gesagt. Heinrich Spoerl
hat in seinem erfolgreichsten Buch, der Humoreskensammlung Man kann ruhig
darüber sprechen (1938, 922. Tsd. 1944) selbst konstatiert, dass das Buch „eine
üble Eigenschaft" hat, „die weder durch Propaganda noch durch Notverordnung
auszuräumen ist: Es kostet Geld. [...] Unsere Zeit hat den Ausweg gefunden: Die
Leihbücherei. Es ist vielleicht die Buchhandlung der Zukunft. Ich fürchte, daß es
schon heute mehr Leihleser gibt als Kaufleser."81
In der Tat kann diese BestsellerAnalyse nur Aussagen über das traditionelle Kauflesepublikum treffen, nicht
über das weniger finanzkräftige Leihlesepublikum oder über die Leser von Zeitungsromanen sowie von Groschenromanen. Eine endgültige Aussage über das
Leseverhalten im Dritten Reich wäre nur durch eine Verleih- bzw. Verkaufsanalyse
all dieser Lesestoffe möglich."
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