Richard Vinen:1968. Der lange Protest (Original: "The Long '68: Radical Protest and its Enemies")
Ich muss feststellen, dass ich zuvor nur sehr vage Vorstellungen von den Vorgängen hatte. Die Flucht de Gaulles hatte ich mit viel länger vorgestellt. Zwei Aussagen scheinen mir bemerkenswert:
"Kurioserweise
verstärkten die wenigen
Stunden körperlicher Abwesenheit de Gaulles Präsenz. Zum ersten Mal seit Anfang Mai stand er im Zentrum der Aufmerksamkeit. [...] Dieses Mal sprach er im Radio, nicht im Fernsehen, was sich als kluge Entscheidung erwies. Auf dem Bildschirm war de Gaulle unattraktiv [...]
Die körperlose Stimme aus dem Radio hatte kein Alter. Sie erinnerte an die berühmte
Ansprache vom 18. Juni 1940, als de Gaulle die Franzosen zum erst/en Mal aufgerufen hatte, Widerstand gegen die Deutschen zu leisten." (S.189/90)
Verstärkte Wirkung durch Weglassen/Aussparen.
"[...] Zuletzt befasst sich Christina von Hodenberg mit "Varianten sexueller Befreiung" (151) und hält fest, dass es "alles andere als klar" (156) sei, wie sich die propagierte sexuelle Revolution auf das reale Sexualverhalten der breiten Bevölkerung auswirkte. Die Verfasserin weist zu Recht darauf hin, dass der "Kampf um die moralische Sauberkeit" (161) in der kirchlichen und konservativen Presse zwar schon lange vor 1968 verloren worden sei, dass aber die linke Politisierung der sexuellen Revolution ebenso wenig "repräsentativ für das Denken und die Praxis der Masse" (168) gewesen sei. Die allmähliche Veränderung sexueller Normen und Praktiken sei als "ein langfristiger Prozess der Liberalisierung" (183) zu verstehen, der sich - mit gelegentlichen Schüben der Beschleunigung - durch das gesamte 20. Jahrhundert zog. Aus diesem Grund - das wird durch die Interviews belegt - stießen die Töchter bei ihren Müttern 1968 auf viel Verständnis, während für die "Generation der über 60jährigen" "vorehelicher Sex noch immer prinzipiell verwerflich" (180) war.
Das Buch von Christina von Hodenberg ist als interessanter Vorschlag zu begrüßen, sich dem magischen Jahr 1968 als einer Chiffre für markante politische, gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen zu nähern. Die Heranziehung neuer Quellen mit bisher wenig beachteten Stimmen außerhalb des männlichen akademischen Nachwuchses bietet wichtige ergänzende Perspektiven auf das Geschehen fernab medial etablierter Narrative, ohne dass allerdings die Geschichte der Jugendrevolte völlig umgeschrieben werden muss." (Axel Schildt)
"[...] Hodenbergs Befunde: Frauen haben 68 wesentlich getragen, einen Generationenkonflikt gab es nicht, die Elterngeneration trug viele Anliegen der Kinder mit, die sexuelle Liberalisierung begann schon Anfang der 60er! [...]"
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