14 Januar 2020

"Man nennt mich den Herrn der Wüste; ich bin der Räuber Orbasan"

Der Schelling und der Hegel,
der Schiller und der Hauff,
das ist bei uns die Regel,
das fällt bei uns nicht auf.

Dass Wilhelm Hauff in diesem Vers mit Schiller und Hegel in einem Atemzug genannt wird, liegt natürlich am Reim. Aber staunenswert ist das, was Hauff, der schon mit 24 Jahren starb, in seinem Leben geleistet hat, in ähnlicher Weise wie bei Büchner.
Freilich dessen Werke - er starb mit 23 Jahren - brauchen einen Vergleich mit denen Goethes und Schillers nicht zu scheuen. Das kann man so von Hauff nicht sagen, aber seine Märchen haben einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, und in ihrer Gesamtheit stellen sie wohl das bedeutendste Werk an Kunstmärchen in deutscher Sprache dar.

Die in der Überschrift zitierten Worte stehen am Schluss seines Märchenzyklus' "Die Karawane" aus dem Märchenalmanach auf das Jahr 1826. Er spricht da mit dem Erzähler der Geschichte von der abgehauenen Hand. Das einprägsamste Märchen der Sammlung ist aber wohl doch Kalif Storch. Die folgende Szene ist mir unvergesslich:

»Dreimal gen Osten müssen wir uns bücken, und dazu sprechen: Mu – Mu – Mu –«
Sie stellten sich gegen Osten und bückten sich in einem fort, daß ihre Schnäbel beinahe die Erde berührten; aber, o Jammer! das Zauberwort war ihnen entfallen und sooft sich auch der Kalife bückte, so sehnlich auch sein Vezier Mu – Mu dazu rief, jede Erinnerung daran war verschwunden, und der arme Chasid und sein Vezier waren und blieben Störche. –

Und zwar gerade deswegen, weil wir darüber so gelacht haben. Wer sich nicht denken kann, was Lachen und Vergessen miteinander zu tun haben, dem empfehle ich, das Märchen zu lesen.  Denn da fällt das erlösendeWort:
»Was für ein Wort hast du ihnen denn aufgegeben?« fragte ihn ein anderer Zauberer. »Ein recht schweres lateinisches, es heißt Mutabor.«

sieh auch:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/ein-genialer-handwerker-im-literaturbetrieb-wilhelm-hauff-als-visionaer-15686269.html

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