Über Wagner:
"Und nun das große Ziel, das Weltenrätsel und das erlösende Wort, [...]
Er
ist, aller glänzenden Rekapitulationen unerachtet, doch in einer
totalen Konfusion steckengeblieben; deshalb steckengeblieben, weil er
sich eine Aufgabe stellte, die entweder überhaupt nicht zu lösen
war oder für die wenigstens seine Kräfte, so respektabel sie an
sich an und für sich waren, nicht ausreichten.
Und welches war
nun diese Aufgabe? Die Verschmelzung zweier Sagen oder
Fundamentalsätze, von denen jeder einzelne gerade Schwierigkeiten
genug bot. Erster Fundamentalsatz: An der Gier, an dem
rücksichtslosen Verlangen hängt die Sünde, das Leid, der Tod. Wer
den Goldring der Nibelungen hat, der hat ihn immer nur zum Unheil und
Verderben. Zweiter Fundamentalsatz: Die Götter sind gebunden und
regieren nur durch Vertrag. Auch dem Himmel kann gekündigt werden.
Wächst der Mensch, so sinken die Götter; der eigentliche
Weltenherrscher ist der freie Geist und die Liebe. [...] Satz 1 ist
die alte Evageschichte, sündiges Verlangen und die bekannten
Konsequenzen. Satz 2 hat durch Feuerbach einen viel prägnanteren und
viel geistreicheren Ausdruck empfangen:
"Ob
Gott die Menschen schuf, ist fraglich; dass sich die Menschen ihren
Gott geschaffen, ist gewiss." [...]
Ich bin der Mann der
langen Briefe, dieser ist aber doch einer der längsten geworden.
Heine sagte zu dem älteren Dumas: "Lieber Dumas, Sie haben gut
schreiben, aber wer soll es lesen?" Auch das also ist schon
dagewesen." (an Karl Zöllner 13.7.1881)
"Übrigens
steht dies in durchaus keinem Widerspruch zu meinen vier Bänden
"Wanderungen"; ich habe überall liebevoll geschildert,
aber nirgends glorifiziert, nicht einmal meinen Liebling Marwitz. Ich
habe sagen wollen und habe wirklich gesagt: "Kinder, so
schlimm wie ihr
es macht, ist es nicht", und dazu war ich berechtigt; aber es
ist Torheit aus diesen Büchern herauslesen zu wollen, ich hätte
eine Schwärmerei für Mark und Märker. So dumm war ich nicht".
(An Emilie 12.8.1882)
"Goethe hat einmal gesagt: die
Produktion eines anständigen Dichters und Schriftstellers entspricht
allemal dem Maß seiner Erkenntnis."
Furchtbar richtig. Man kann auch ohne Kritik mal was Gutes schreiben,
ja vielleicht etwas so Gutes wie man später mit
Kritik nie wieder zustande bringt. Das alles soll nicht bestritten
werden. Aber das sind dann die "Geschenke der Götter",
die, weil es Göttergeschenke sind, sehr selten kommen. Einmal
im
Jahr, und das Jahr hat 365 Tage. Für die verbleibenden 364
entscheidet die Kritik, das Maß der Erkenntnis. In poetischen
Dingen habe ich die Erkenntnis dreißig Jahre früher gehabt als in
der Prosa; daher lese ich meine Gedichte mit Vergnügen oder doch
ohne Verlegenheit, während meine Prosa aus der selben Zeit mich
beständig geniert und erröten macht." (An Emilie
17.8.1882)
"Ich bin erst in dem Unglücksjahre 76 ein
wirklicher Schriftsteller geworden; vorher war ich ein beanlagter
Mensch, der was schrieb. Das aber ist nicht genug." (An Emilie
28.8.1882)
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