"[...] Cresspahl muß sich geekelt haben vor der Wiederholung. Mit sechzehn Jahren ja, da konnte die Welt noch zugestellt werden von der Nähe, dem Atem, dem Blick, dem Hautgefühl, der Stimme eines Mädchens; mit sechzehn Jahren, ja da mögen ihm einmal die Absicht und der Plan und die Zukunft verhängt worden sein vom geduldigen, zuversichtlichen Verlangen nach einer Fünfzehnjährigen, die so sehr Ziel wurde, daß er in ihr nicht mehr die Enkelin des Meisters wahrnahm, nur noch die unausweichliche Notwendigkeit, das Vertrauen auf einen abgeblendeten Entwurf für das ganze kommende Leben: mit sechzehn Jahren, als Tischlerlehrling in Malchow am See, zu Anfang des Jahrhunderts; aber 1931, in Jerichow bei Gneez, mit 43 Jahren?
Ist nicht die Wiederholung unerträglich: daß immer wieder das Bedürfnis nach einer Person das Bewußtsein wie zum ersten Mal nach dem alten Raster preßt, daß längst ausgedachte Empfindung wiederkehrt wie frisch, daß die Vorstellung unermüdet von neuem die bloße Außenseite einer Person ausdeutet und ausbaut zu allen denkbaren Entsprechungen zwischen ihr und ihm, daß die Leerstellen in der wirklichen Person ungewarnt verdeckt werden von dem Bild der Person, daß der Herzschlag anzieht nur bei ihrem Anblick so lebensängstlich wie nur beim Anblick einer anderen Person schon vor fünf, vor zwölf, vor achtundzwanzig Jahren, als wäre hier unerhörte Wirklichkeit zu entdecken, noch nie Berührtes, noch nie Gefühltes? er muß sich vergessen haben. [...]" (14.9.1967)
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