Lektüreblog zu „Jahrestage“ von Uwe Johnson
"Es gibt nichts Älteres, heißt es, als die Zeitung von gestern. Doch das kommt darauf an. Als der Schriftsteller Uwe Johnson im Sommersemester 1979 Gastdozent für Poetik an der Universität Frankfurt war, erzählte er von seiner Zeit in New York und der Suche nach Material. Während seine Kollegen – Johnson war Angestellter eines Schulbuchverlags – auf einen Schlüsselroman im Verlagswesen hoffen, grast er 1966 und 1967 New York und dessen unmittelbare Umgebung nach etwas ab, wovon er selbst nicht weiß, was es sein kann. „Fast war das vereinbarte Jahr vorüber“, als Johnson am 12. April 1967 auf Gesine Cresspahl stößt: „Ob sie wohl in Restaurants in ihrem Mantel sitzt? die Brille im Haar traegt?“. In der nächsten Woche habe er sie dienstags in Richtung Sixth Avenue gehen sehen. „Meine Damen und Herren, Sie werden mir vorhalten, sicherlich sei ich der einzige gewesen auf der ganzen 42. Strasse einer Gesine Cresspahl zu begegnen“. Doch keine andere aus seinem erzählerischen Kosmos habe dort gehen können und nirgendwo hätte das „Mecklenburger Kind, aufgewachsen eine Stunde Fußweg von der Ostsee“ anders wohnen können als am Riverside Drive an der Westküste Manhattans, dort wo Johnson selbst lebte.
Dank der Rockefeller Foundation blieb Johnson noch bis zum August 1968 in New York. Vom 29. Januar an schrieb er an den „Jahrestagen“, die (undatiert) am 20. August 1967 an der Küste New Jerseys beginnen [...]
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"Nur wer Heimat ausschließlich mit Herkunft verknüpft, kann sie allein für die Herkommenden beanspruchen und sie den Ankommenden nicht gewähren wollen – gedanklich wie tatsächlich. Kann ausgrenzen, markieren und herabsetzen. Doch nicht einen Roman kann man in die Hand nehmen, kein Musikstück hören, keine Reise unternehmen, nicht eine Freundschaft pflegen, ohne zumindest eine Ahnung vom Glück einer Heimat des Ankommens zu haben." (Heimat als „Ort des Ankommens“)
„Heimat als Ort des Ankommens“ ist im Deutschen nicht die naheliegendste Assoziation,
man kennt sie aber in der Redewendung des "Sichbeheimaten".
"Nur wer Heimat ausschließlich mit Herkunft verknüpft, kann sie allein für die Herkommenden beanspruchen und sie den Ankommenden nicht gewähren wollen – gedanklich wie tatsächlich. Kann ausgrenzen, markieren und herabsetzen. Doch nicht einen Roman kann man in die Hand nehmen, kein Musikstück hören, keine Reise unternehmen, nicht eine Freundschaft pflegen, ohne zumindest eine Ahnung vom Glück einer Heimat des Ankommens zu haben." (Heimat als „Ort des Ankommens“)
„Heimat als Ort des Ankommens“ ist im Deutschen nicht die naheliegendste Assoziation,
man kennt sie aber in der Redewendung des "Sichbeheimaten".
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