Albano kehrt zurück, und beide wissen noch nicht, dass Linda betrogen worden ist.
Unter dem Getümmel der Gartenreden und im fruchtlosen Wunsche, der Schwester Julienne drei sanfte Worte für die ihm so lange verdeckte Linda mitzugeben, sah Albano den Wagen der Gräfin auf die Höhe an Lianens Garten rollen, da halten und Dian und Chariton aussteigen. Da kannt' er weiter nichts als den Flug zur entbehrten Geliebten, der sich vor den vielen Augen leicht in die Sehnsucht nach Dian einkleidete; und jetzt fragt' er im Durst der Liebe nach gar keinem Auge. »Ach da bin ich doch!« sagte Linda und ging ihm entgegen, mit den weichen Rebenschlingen zarter Blicke sich in seine verwebend – so scheu und so liebevoll – und das Abendrot der Verschämtheit zog, wie Frühlingsröte in der Nacht, um ihren Himmel, und der weiße Mond der Unschuld stand mitten drin! – Albano zerging vom Tauwind dieser Verzeihung, warf sich seine süße Freude an ihrer Umkehrung als selbstsüchtigen Stolz über sein Siegen vor und konnte in der schönen Verwirrung des Glücks kaum das süße Staunen regieren und das aufgelöste Herz, das vor ihr zerrinnen wollte wie ein Gewitter in Abendtau. Er legte in sein Auge die Seele und gab sie der Geliebten. Vor Chariton mußt' er sich verhüllen. Zu Dian und Linda sagt' er, als sie in die hinuntersteigende Sonne sahen, bloß das Wort: »Ischia!« »Da liegt nun freilich, lieber Anastasius,« (sagte Chariton zu Dian) »meine gute Fräulein Liane begraben, und man weiß nicht eigentlich wo im Garten, denn man sieht ja nichts als Blumen und Blumen; sie hats aber so bestellt.« – »Das ist sehr betrübt und hübsch,« (sagte Dian) »aber laß es, – weg bleibt weg, Chariton!« und führte sie seitwärts von den Liebenden schonend. An Albano, der nichts überhörte und übersah, war die Erschütterung davon so sichtbar. Auch Linda nahm sie wahr. »Sprich nur aus dein Weh,« (sagte sie) »ich liebe sie ja auch.« – »Ich denke an die Lebendigen« (sagt' er, sich zusammenfassend, und blickte scheu nicht auf den Blumengarten, sondern auf die sonnentrunkne Abendgegend) – »kann man denn genug auf der Erde vergeben und erraten? – Linda, o wie vergibst du mir heute!« »Freund« (sagte sie) »wenn Ihr sündigt, sollt Ihr Vergebung empfangen; aber bis dahin seid noch still!« Er sah sie bedeutend an: »Hast du nicht schon vergeben und ich noch nicht? – Aber wüßtest du, wie ich in diesen Tagen auf dem Weg zu meinem Schoppe innigst bei dir lebte und die göttliche Vergangenheit in die Zukunft brachte – ach, kann ich dir denn alles sagen an diesem Orte?« – Zum Glück hörte sie – gleich andern Frauen weniger auf Worte als auf Mienen, Winke und Taten merkend – mehr mit dem geistigen als leiblichen Ohre und trat nicht in den so nahe aufgesperrten Abgrund seiner Worte. So spielten jetzt beide, wie Kinder, neben der kalten, mit Donner durchzognen Gewitterstange, aus welcher bei der kleinsten nähern Nähe die blitzende Sense des Todes fährt.
(129. Zykel)
Roquairol führt ein Schauspiel auf, in dem Dian und Chariton die Liebe zwischen Abano und Linda (unter anderen Namen) vorspielen und er seinen Betrug an Linda offenbart. (130. Zykel)
Am Schluss des Stückes erschießt er sich auf der Bühne.
Albano ist darauf hingewiesen worden, dass "der sel. Hauptmann R. v. Froulay Ihre Rolle bei der Gräfin Romeiro durch alle Akte durch im Flötental gespielt" habe.
Als er sie zitternd berührte und nahe neben sich wiedersah: so überfiel ihn dieses Wesen voll Macht mit der ganzen göttlichen Vergangenheit. Aber er verzögerte nicht die Frage der Hölle: »Linda, wer war Freitag abends bei dir?« – »Niemand, Guter; wenn?« versetzte sie. – »Im Flötental« – stammelte er. – »Mein blindes Mädchen«, antwortete sie ruhig. – »Wer noch?« fragte er. – »Gott! dein Ton ängstigt mich« (sagte sie) – »Roquairol brachte in jener Nacht den Affen um. Ist er dir begegnet?« – »O schrecklicher Mörder! – Mir?« (rief er) »Ich war verreiset die ganze Nacht, ich war mit dir in keinem Flötental« – – »Sprich aus, Mensch,« (rief Linda, ihn an beiden Händen mit Heftigkeit ergreifend) »schriebst du mir nicht die rückgängige Reise und kamst?« – »Nichts, nichts,« (sagt' er) »lauter Höllenlüge. Das tote Ungeheuer Roquairol brauchte meine Stimme – deine Augen – und so ists – sage das übrige.« – »Jesus Maria!« schrie sie, von der Schlagflut getroffen, worein die schwarze Wolke zerriß – und griff mit beiden Armen durch die Laubzweige des Laubengangs und preßte sie an sich und sagte bittend: »Ach Albano, du bist gewiß bei mir gewesen.« »Nein, bei dem Allmächtigen nicht! – Sage das übrige«, sagt' er. – »Weiche auf ewig von mir, ich bin seine Witwe!« sagte sie feierlich. – »Das bleibst du«, sagt' er hart und rief Justa aus dem Traumtempel.
(131. Zykel)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen