Ab vom Strande stieß jung Werner.
Wie ein Roß, das lang verschlossen
In dem Stall, sich freudig aufbäumt,
Freudig wiehernd, daß es seinen
Herrn ins Weite tragen darf,
So sprang keck und windschnell auf dem
Glatten Wasserpfad das Schifflein;
Sprang in hellem Lauf vorüber
An des Städtleins Mauerzinnen,
Sprang hinab zur alten Rheinbrück,
Die die holzverdeckten Bogen
Kühn zum andern Ufer spannt.
Unterm dritten Pfeiler steuert'
Mutig durch der junge Schiffsmann,
Lachend als zum Schabernack den
Kahn der Strudel wirbelnd packte,
Dreimal hob und dreimal senkte.
Bald erschaute er des Schlosses
Hohe Giebel, Erkertürme
Mondumschienen, durch des Gartens
Mächtige Kastanien glänzen,
Gegenüber ragte niedrig
Aus den Fluten eine Kiesbank –
Unbewachsen – oftmals gänzlich
Überflutet sie die Strömung,
Scherzend heißt der Mann im Rheintal
Sie den Acker Fridolini.
Dorthin trieb der schwanke Kahn jetzt.
Dorten hielt er – auf den spitzen
Kieselboden sprang jung Werner,
Und die Blicke hielten Umschau,
Fragend, ob er Sie erspähe.
Nichts erschaut' er – als im fernen
Erkerturm ein fernes Lichtlein;
Aber dies schon war genug ihm.
O wie oft erquickt im Leben
Mächt'ger uns ein ferner Schein, als
Reiche Fülle des Besitzes,
Und es gönnet ihm das Lied drum
Seine Freud', aus Rheines Mitten
Aufzuschauen nach dem Lichtlein.
Vor dem traumumflorten Blicke
Lag ein neues reiches Leben,
Sonn' nicht glänzt, nicht Sterne drinnen,
Nur das eine kleine Lichtlein,
Und vom Turm, worin es brannte,
Kam mit leisem Flügelschlag die
Lieb' zu ihm herabgerauschet
Und saß bei ihm auf der Kiesbank,
Auf dem Acker Fridolini.
Und sie reicht' ihm die Trompete,
Die auch hieher ihn begleitet,
Und sprach: Blase, blase, blase!
Also blies er, und sein Blasen
Zog melodisch durch die Nacht hin.
Lauschend hört's der Rhein im Grunde,
Lauschend Hecht und Lachsforelle,
Lauschend auch die Wasserfrauen,
Und der Nordwind trug die Klänge
Sorgsam auf zum Herrenschloß.
(Viktor von Scheffel: Der Trompeter von Säckingen, Kapitel 8, 1854)
Der Tompeter von Säckingen war zeitweise eines von Deutschlands meistgelesenen Werken und wurde 1921 in der 322. Auflage verkauft. (vgl. Webseite Der Trompeter von Säckingen)
Es ist beeinflusst von Heines Versepen und teilt die Eigenschaften Verserzählung und Liebesgeschichte am Rhein(wasser) mit Mörikes Idylle vom Bodensee von 1846.
Ihren Erfolg verdankt die Verserzählung nicht nur dem frischen Ton, sondern auch der Mischung von Nationalstolz und Ablehnung von Buchgelehrsamkeit. Insofern besteht eine - entfernte - Verwandtschaft mit der Ideologie der Jugendbewegung. Freilich, seine Anhänger hatte Scheffels Werk ja gerade bei den traditionell-nationalistischen Kleinbürgern, aus deren bürgerlicher Enge die "Bachanten" der Jugendbewegung sich befreien wollten.
Scheffel greift bei seiner Erzählung auf einen in Säckingen verbürgten Fall der erfolgreichen Liebe eines Bürgersohns zu einer Adligen zurück.
Der Säckinger Bürger Franz Werner Kirchhofer (1633 - 1690) heiratete um 1657 Maria Ursula von Schönau gegen den Widerstand der Familie.
Für die, die es interessiert, das Wort über Schiller als "Moraltrompeter von Säckingen" stammt von Nietzsche.
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